Wolfgang Nešković

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 Mit Wolfgang verbindet mich ein langes Auf und Ab von Freundschaft und Auseinandersetzung. Wir lernten uns in einer Sitzung der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Juristen (AsJ) auf Bundesebene kennen. Ich war Kreisvorsitzender der AsJ in Bielefeld, er in Lübeck. Wir trafen uns in Bonn auf Einladung des Leiters der Rechtsstelle beim SPD-Parteivorstand, Rainer Stura. Damals war OLG Präsident Rudolf Wassermann Vorsitzender der AsJ.

Wir diskutierten Rechtspolitik. Erarbeiteten 1984 Papiere über die gesellschaftlichen und politischen Folgen der sogenannten „Neuen Technologien“ (https://michaelbouteiller.de/wp-content/uploads/2022/10/Neue-Technologien-840629.pdf) und vieles mehr. 1987 sprach mich Wolfgang auf die Ausschreibung der Stelle des Lübecker Bürgermeisters an. Er unterstützte meine erfolgreiche Bewerbung.

Weshalb ich davon erzähle? Heute geht es um Haltungen in dem erbitterten lokalpolitischen Streit über Fragen des Denkmalschutzes beim Erweiterungsbau des Buddenbrookhauses. Nach Angaben der Lübecker Nachrichten (LN ) vom 17.12.2022 fertigte Wolfgang ein Rechtsgutachten für die Bürgerinitiative Rettet Lübeck (BIRL) und schickte es an die Landesregierung: Die Genehmigung des Bürgermeisters zur Teilzerstörung des Kellergewölbes für die Anlage einer Treppe sei rechtswidrig.

Dieses “Gutachten“ und die dahinter erkennbare Haltung des Schreibers überschreitet eine rote Linie. Zur Sache: Drei Jahre lang, von 2002 – 2005, war Wolfgang Nešković ein qualifizierter Richter am Bundesgerichtshof für Zivilsachen. Die Grundlage eines solchen Amtes, das verliehen wird, um über andere zu entscheiden, ist der Grundsatz der Befangenheit. Diesen Grundsatz missachtet er heute. Wer  – wie er – als Mitglied einer der 11 Fraktionen der Lübecker Bürgerschaft in der Frage des Denkmalschutzes der Kellerräume des Buddenbrookhauses rechtsgutachtet, ist befangen. Denn er ist nicht neutral, sondern nimmt als Mitglied einer Fraktion Partei. Wer zudem als früherer Zivilrichter heute den Verwaltungsrichter gibt, übersieht, dass beider Rollen und Rechtstechniken nicht deckungsgleich sind. Wolfgang Nešković will beides nicht wahr haben.

In der Sache kritisiert er das Denkmalschutzgesetz des Landes Schleswig-Holstein. Das mag er tun, nur ist dieses Vorgehen keine Frage des geltenden Rechts. Er betreibt Rechtspolitik und nicht die Auslegung des geltenden Gesetztes. In seinem Urteil zum geltenden Recht liegt er denn auch neben der Sache. 

Denn der Bürgermeister ist m.E. nach §12 Abs.2 des Denkmalschutzgesetzes für die Entscheidung zuständig und hat zutreffend abgewogen. Dass er für Entscheidungen denkmalrechtlicher Art ein  „Fachmann“ sein muss, steht nirgendwo geschrieben. Dafür hat ein Bürgermeister fachkundige Berater. Dass die getroffene Entscheidung des Bürgermeisters Jan Lindenau, Wolfgang Nešković, dem Politiker einer gegnerischen Fraktion, persönlich nicht passt, ist im politischen Prozess alltäglich.

Wolfgang Nešković weiß das alles, denn wir haben darüber lang und breit dikutiert. Er kann aber Niederlagen offenbar nicht akzeptieren. So greift er auf das zurück, was er gelernt hat: das Recht und die Technik rechtlicher Argumentation. So wird aus einer Machtfrage (Wer setzt sich mit seiner Meinung durch?) eine Rechtsfrage (Wer hat Recht?). Bei näherem Hinsehen wird man erkennen, Nešković benutzt das Recht als Waffe, um seine persönliche Meinung durchzusetzen. Mit allen rhetorischen Mitteln und rücksichtslos. Egal, was das (die Stadt) kostet. Darauf kommt es nicht an. Denn es geht ja – wie er meint – um’s Recht. Diese Haltung ist leider bei Juristen weit verbreitet. Gefährlich für die politische Kultur ist etwas anderes. Es ist die in dieser Argumentation versteckte Verwechslung von Recht und Macht.

Mein Freund handelt auch nicht als jedermann, sondern er beruft sich bei seinen parteipolitischen Äußerungen stets auf das Gewicht seiner kurzen Rolle als hoher Richter. Er hofft, diese vergangene berufliche Rolle verleihe seinen parteipolitischen Stellungnahmen Autorität. Richtig ist zwar der Satz von Thomas Hobbes, Autorität nicht Wahrheit schafft das Gesetz. Dem Bürgerschaftsmitglied – als das er sich äußert – verschafft das heutige Wahlamt aber keine Autorität in dieser Sache. Schade.