Nobelpreisträger Diskurse

In den Lübecker Blättern (LB) stand ein Bericht von Prof.Dr.Klawitter, dem  Vorsitzenden der Overbeck-Gesellschaft, über die Lübecker Werte-Ausstellung. Dieser Bericht war anregend.

Einen etwas längerer Text über den Wirrwarr der Werte und die Abschaffung der Moral (5 Leseminuten) habe ich im Blog aufgenommen. Mein Vorschlag, mit dem Thema „Werte“ ein städtisches Forum zu beginnen, das einmal im Jahr tagt: „Lübecker Nobelpreisträger-Diskurse“, und zwar im Bürgerschaftssaal (der hat überall Mikrofone). Weshalb?

Meine Kritik an der Lübecker Kulturpolitik beginnt mit dem Streit um die Leitlinien zur städtischen Kulturentwicklung, führt über die fehlende Beachtung des Beutelsbacher Konsenses durch die Lübecker Kurator:innen, den Hype der Meese Ausstellung und endet in der Ausstellung über die Alchemie der Stadt. Zugespitzt gesagt, was für eine Hybris: Sperrt die Werte doch in ein Museum – es lebe dann die von allen Werten befreite Kunst! 

Wenn ich das recht sehe, fehlt für eine erfolgreiche Aufarbeitung dieser Fehlent-wicklung eine Auseinandersetzung mit der politischen und geistigen Lage der Stadt von Anfang des 20. Jahrhunderts an. Wenn Sie so wollen, Arbeiterklasse und Bürgertum zusammengesehen. Kulturgeschichtlich betrachtet, am Beispiel von Erich Mühsam und Thomas Mann. Politisch gesehen, am Gegeneinander von Bürgermeister Johann Neumann und Julius Leber. Dieser gesamte kultur-politische Konflikt der 1920er Jahre wird nach 1945 nicht ausgetragen, weil m.E. der Lübecker Milliardär und Stifter Emil Possehl mit seiner wunderbaren Stiftung ein Stück weit davor steht. Dessen dominante deutschnationale Persönlichkeit war nie Gegenstand einer neueren Untersuchung.

Das ist ein guter Ausgangspunkt für eine „Werte-Diskussion“ mit unseren drei Nobelpreisträgern. Deren Werk deckt die Politik der Neuzeit, das 19.Jahrhundert und die Zeit nach 1945 ab. Etwas für Kulturbürger:innen, die sich für die Zukunftsgestaltung miteinander finden wollen. 

Lübeck, Michael Bouteiller,10.12.2022