Er steht für die Moderne der Kunst in Lübeck. Er versuchte immer wieder, seine Kunstprojekte auch geistesgeschichtlich einzuordnen.
Er hat provoziert. Das gelang ihm mit dem Meese-Hype und zuletzt mit der Lübecker Ausstellungsreihe „Alchemie der Stadt“.
Das Abschiedsinterview in den LN vom 23.6.2023 ist ein weiteres gutes Beispiel. Zybok zieht zum besseren Verständnis Jonathan Meeses keinen geringeren heran als Georg Friedrich Wilhelm Hegel:
„Verstehen Sie mich nicht falsch, natürlich kann ich Meese kritisieren, ich muss es sogar. Er lebt ja davon, er will gar nichts anderes. Jedenfalls ist der Satz von Hegel, Kunst habe keine Erkenntnisleistung für die Gesellschaft, ein großer Irrtum. Wenn es Kunst schafft – und es gelingt ihr immer wieder –, dass jemand eine Haltung entwickelt oder überdenkt, sich bewusst macht, wofür sie oder er steht, dann ist verdammt viel erreicht.“
In der Phänomenologie des Geistes ging es bei Hegel aber mitnichten darum, die Kunst von der Erkenntnisleistung für die Gesellschaft zu befreien, wie das Zybok behauptet. Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Hegel konstatierte vielmehr dort „das Ende der Kunst“, um „die Kunst von der Pflicht zu befreien, stets die Wahrheit zu verkörpern.“
Genau diese Befreiung der Kunst von den Verpflichtungen gegenüber der Wahrheit war damals das radikal Neue. Denn sie verschafft den KünstlerInnen die aus Sicht von Hegel gebotene künstlerische Freiheit. Demgegenüber befasst sich Oliver Zybok zusammen mit Raimer Stange in Band 205 von »Kunstforum International« lieber mit dem „Ende der Demokratie“. Vielleicht versteht er davon ja mehr. An Stelle der Demokratie tritt dann möglicherweise die Diktatur der Kunst in Person von Jonathan Meese oder die Kunstkritik.
Lieber nicht.
MB 24.6.2023