Postdemokratie und Neoliberalismus in der städtischen Kulturpolitik

 

 

 

 

Weshalb mir der Beutelsbacher Konsens so am Herzen liegt, ist die aktuelle Bedrohung durch den Faschismus „6/01“Faschismus „6/01“ (Spiegel online, https://bit.ly/3nXbOlA).

Deshalb muss die städtische Bildungsarbeit den drei Beutelsbacher Prinzipien (https://bit.ly/3nPFnXc) Rechnung tragen: Das Verbot der Indoktrination, das Gebot der Kontroversität und das Gebot der Schülerorientierung. Diese Maximen sind starke Waffen gegen den Faschismus.

Wenn aber jemand wie Jonathan Meese und hier in Lübeck Oliver Zybok und andere Kunstkenner der Ideologie der Postdemokratie in der Kunst das Wort reden (https://www.kunstforum.de/artikel/zwischen-moral-und-ideologie/), wohin führt dann diese neoliberale Haltung?

Zunächst zum Zusammenhang von Postdemokratie und Neoliberalismus: Die vom Ansatz her kritische Variante der Theorie der Postdemokratie (Colin Crouch, 2003) sieht die Entwicklung demokratischer Prozesse und der dazugehörenden politischen Institutionen auf dem Weg in die Steuerung durch Eliten. Weg von den WählerInnen. Einer Steuerung, die sich (in den Händen der Eliten) an der sogenannten Marktrationalität orientieren soll.

Diese Marktrationalität oder -effizienz hat sich seit Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre unter dem Begriff „Neoliberal“ (Milton Friedman, Lambsdorff-Papier, 1982) durchgesetzt (vgl.zur Diskussion auch Poul Kjaer, 2020 https://michaelbouteiller.de/archive/1862). Erste wichtige politische und theorie-politische Stationen im Aufstieg des Neoliberalismus waren, darüber herrscht in der Literatur weitgehende Einigkeit, die folgenden:

der Niedergang des Keynesianismus Anfang der 1970er Jahre, der Ölpreisschock 1973, die Wahlen von Margret Thatcher (1979) und Ronald Reagan (1981) sowie der Aufstieg der Chicago School of Economics unter Milton Friedman (vgl. Brown 2005, 37-38; Harvey 2005; Demirovic 2008) – diese Ereignisse markieren damit auch den Beginn des Prozesses der Postdemokratisierung (dazu https://bit.ly/35MP6Xk ).

Ein Weg, der von der aktiven Beteiligung an den leitenden Entscheidungen in den bloßen Konsum oder Genuss des Endproduktes führt. Vom Citoyen zum Bourgeois.

Die Auswirkungen des postdemokratischen Denkens auf das politische System lassen sich am Beispiel der Politik des Kabinetts Gerhard Schröder – Josef Fischer (1998-2005) darstellen.

Dessen „Programm 2010“ der „Neuen Mitte“ führte bei der SPD nicht nur zum Verlust von ca. 400.000 Parteimitgliedern. Es deregulierte ferner den Arbeits- und Finanzmarkt. Und führte die SPD und die Grünen zur Beteiligung an Kriegen ohne UN-Mandat (Kosovo, Irak ? https://tinyurl.com/y3m3edwd, Syrien, https://bit.ly/35N9reS, Afghanistan. https://bit.ly/2XKLqAK. Diese Kriegsbeteiligungen waren völkerrechtswidrig.

Auf dem Gebiet der Kunst wird diese neoliberale Theorie in der Zeitschrift „Kunstforum International“ unter dem Stichwort „Gegenwartsbefreiung“ u.a. von Oliver Zybok diskutiert (https://bit.ly/3bJYApN) (vgl. auch Peter Laudenbach, Heiße Ware, https://bit.ly/3oSXtrL). Hervorgehobene Maler, die postdemokratisch eingeordnet werden, sind u.a. Jonathan Meese und Neo Rauch (dazu https://bit.ly/3bO5bzQ).

Am Beispiel „Meese in Lübeck“ habe ich versucht, die Auswirkungen des Lübecker Ausstellungsprojekts (Februar – August 2019), zu beschreiben, das ohne Beachtung der drei oben genannten bildungspolitischen Maximen ablief: https://michaelbouteiller.de/archive/1575.

Das Schweigen der Stadt während und nach dem kontroversen Kunstevent schadete m.E. der städtischen Kulturarbeit. Ich hoffe, dass bei der in 2021 anstehenden Verabschiedung der städtischen Kulturentwicklungsleitlinien [Kulturleitlinien] in der Lübecker Bürgerschaft die drei genannten Zielsetzungen der kommunalpolitischen Bildungsarbeit aufgenommen werden.