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Allgemein/Politik/Geschichte Lübeck

Präfaschismus in Lübeck 1921 – 1933


Lübecker Lügengeschichten

Max Knie, 15 Jahre Lübecker Stadtgeschichte. Von der Revolte bis zur Nationalen Erhebung, Lübeck 1933, https://michaelbouteiller.de/max-knie-15-jahre-luebecker-zeitgeschichte/

– Stegmann, Dirk, Emil Possehl und seine alldeutschen Senatskollegen in Lübeck, Ein Beitrag zum völkischen Nationalismus vor 1918, https://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_31/Demokratische_Geschichte_Band_31_Essay_3.pdf, Malente 2022

 

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Sollen sie auf den Burgtorfriedhof?

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Der satanische Furz

Dank an Jutta Kähler für den Artikel über Maximilian Krahs „Manifest“ in den Lübeckischen Blättern (2024/10, S. 161). Die Kritik an dem Machwerk dieses modernen Alldeutschen darf ruhig vertieft werden! Dessen alldeutsches  „Menschenbild“ steht nämlich für eine gut bürgerliche Oberschicht  der 1970er Jahre in der Oberlausitz und in Dresden. Für diese war immer „alles Paletti“. Keine Probleme mit der Naziwelt der Eltern und Großeltern. Sozialistische Demokratie halt. Befehl und Gehorsam. Dort ist der Bürgersohn aufgewachsen.

Man denkt automatisch an das unbeschwerte Nachkriegsleben des langjährigen Vorsitzenden des im Deutschen Reich und in der Weimarer Zeit politisch außerordentlich wirksamen profaschistischen Alldeutschen Verbandes, Heinrich Claß, einer der führenden deutschen völkischen Rassisten, der sich nach dem Zweiten Weltkrieg nicht von ungefähr nach Jena zurückzog, von den sowjetischen Besatzern unbehelligt. 

Oder an die von Rosemarie Will vorzüglich beschriebene Kolonisierung der DDR durch die BRD (Rosemarie Will, Die Deutsche Wiedervereinigung als Kolonisierungsakt?, in Philipp Dann, Isabel Feichtner und Jochen von Bernstorff, (Post)Koloniale Rechtswissenschaft. Tübingen 2022, S.581) – von der Kohl-Regierung eiskalt durchgezogen. Keine ernsthafte Widerrede, keine empathische Anerkennung der einzig erfolgreichen RevolutionärInnen in der deutschen Geschichte. Keine gesamtdeutsche Volksabstimmung, sondern Beitritt, sonst nichts. Auch kein Hinweis mehr in unserem Grundgesetz: Art 23, der Artikel über den Beitritt wurde 1990 kurzerhand  gestrichen. Der Hinweis in Art.146 GG: Volksabstimmung über eine gesamtdeutsche Verfassung statt Beitritt, aufgehoben und auf den St. Nimmerleinstag verschoben! Nichts erinnert.

Da ist sie deshalb (?) wieder, die überkommene Geisteswelt eines neu erwachten schrecklichen Alldeutschen: Plato, Aristoteles, Carl Schmitt und Thomas Mann. Auch das noch, Thomas Mann! Ja, wir in Lübeck kennen den Thomas Mann von 1918, das  »Bekenntnis eines innerlich zerbrochenen Geistes«, wie Hermann Kurzke entschuldigend schreibt. Dieser Thomas Mann fand aber Beifall bei den Nationalisten damals wie heute. 

Nach seiner demokratischen Wende wandten sich seine bisherigen GönnerInnen im Bürgertum ab. Wenn er schreibt: »Ich bekenne mich tief überzeugt, daß das deutsche Volk die politische Demokratie niemals wird lieben können, aus dem einfachen Grunde, weil es die Politik selbst nicht lieben kann, und daß der vielverschrieene »Obrigkeitsstaat« die dem deutschen Volke angemessene, zukömmliche und von ihm im Grunde gewollte Staatsform ist und bleibt« (Betrachtungen, S.26), so war und ist das Wasser auf deren Mühlen. 

Und auch der mehrfache Hinweis des späteren Lübecker Nobelpreisträgers auf Paul de Lagarde in den Betrachtungen, den er zu den „Großen des deutschen Volkes“ zählte –  er bezeichnet ihn als „Praeceptor Germaniae“ (Lehrmeister Deutschlands) – passt in das rassistische Weltbild der Neonationalisten. Paul de Lagarde hielt die Juden für  »Artfremde«, die keinen Platz in dem geeinten Deutschen Volk hatten. Mit diesem „wuchernden Ungeziefer“ könne es „keinen Kompromiss geben“. „Mit Trichinen und Bazillen wird nicht verhandelt. Trichinen und Bazillen werden auch nicht erzogen. Sie werden so rasch und so gründlich wie möglich vernichtet“. Fritz Stern schreibt dazu: „Nur wenige Menschen haben Hitlers Vernichtungswerk so genau vorhergesagt – und so entschieden im voraus gebilligt“. 

Und dann selbstverständlich Carl Schmitt, der „Rechtsgelehrte“, dessen falsches Geschwurbel heute noch die Köpfe verdreht! 1936 trat er dafür ein, Juden aus den Bibliotheken auszusondern und sie namentlich besonders zu kennzeichnen (»Die deutsche Rechtswissenschaft im Kampf gegen den jüdischen Geist«, in: Deutsche Juristen-Zeitung 41 (1936), Heft 20, Spalte 1193-1199). Rassistisch in eliminatorischer Absicht ist insbesondere die Definition seines Begriffes „Demokratie“. In der 1923 erstmals erschienen viel gelesenen Schrift: Geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus, schreibt er in der Vorbemerkung auf S. 13,14 : „Jede wirkliche Demokratie beruht darauf, daß nicht nur Gleiches gleich, sondern, mit unvermeidlicher Konsequenz, das Nichtgleiche nicht gleich behandelt wird. Zur Demokratie gehört also notwendig erstens Homogenität und zweitens – nötigenfalls – die Ausscheidung oder Vernichtung des Heterogenen…“ 

Vielleicht lohnt sich an dieser Stelle in Sachen „deutscher Politik“ noch ein Stück tiefer zu graben, in die von Maximilian Krah so geschätzte politische Klassik Griechenlands einerseits und in die heute herrschende deutsche Politik andererseits: 

Vor rund 2.500 Jahren hat Platon (428 -348 v.C.) diejenigen scharf verurteilt, die behaupteten, Politik erschöpfe sich in Worten: nicht die »Verba« seien die Wirklichkeit, hielt er dagegen, sondern ausschließlich die »res«. Auf die tatkräftige Veränderung  der Wirklichkeit komme es an und nicht auf das Gerede darüber. Aufgabe des Staates und der Politik sei die gerechte Verteilung des Vermögens. Denn in der Polis gehe es um die Verhinderung der Ursachen von Krieg: »Jede Stadt, wie klein sie auch sein mag, ist in der Tat in zwei geteilt, die eine ist die Stadt der Armen, die andere die der Reichen; diese liegen miteinander im Krieg.« 

In der Neuzeit versuchte der US-amerikanische Verfassungsrichter Louis Brandeis (1856 – 1941) diese Erkenntnis erneut folgendermaßen auf die Tagesordnung zu setzen::»We must make our choice. We may have democracy, or we may have wealth concentrated in the hands of a few, but we can’t have both.« 

Thomas Piketty brachte diesen uralten Zusammenhang von Staat, Politik und Gesellschaft 2021 nochmals auf den Punkt (https://michaelbouteiller.de/afd-verhindern-umverteilung-jetzt-erster-schritt-vermoegenssteuer/).

Diese schlichte Wirklichkeit (res) von Krieg und Frieden ist aus den mehr oder weniger vernebelten Hirnen der heutigen BerufspolitikerInnen offenbar verschwunden. Stattdessen regiert der bare Irrsinn des Wortes. Die führenden PolitikerInnen werden über diesen Weg zu DienerInnen der Vermögenden. Da aussen- und innenpolitisch die großen Aufgaben von Krieg und Frieden nicht bewältigt werden, flüchten sie sich in eine »Wirklichkeit der Worte«: »In der Politik ist Sprache das eigentliche Handeln. Ganz buchstäblich. Indem Eide geschworen oder Verfassungen und Gesetze beschlossen werden, tritt eine neue Wirklichkeit in Kraft« (Robert Habeck, Wer wir sein könnten. Warum unsere Demokratie eine offene und vielfältige Sprache braucht, e-book, Köln 2018, S. 17). Oder Maximilian Krah: » Denn die Sprache ist das Mittel der Politik« (Manifest, S.11).

Weder wird unser in 16 Bundesländer verzetteltes Land zur Handlungsfähigkeit reorganisiert, noch gelingt die soziale Transformation der Karbonwirtschaft, obgleich nur rund 10 Jahre vor Erreichen der Kipppunkte verbleiben. Von dem Beenden der mörderischen Kriege und der dafür vorgesehenen UN ganz zu schweigen. 

Ein eindrucksvolles mittelalterliches Bild im wundervollen Lübecker St.Annen Museum sei allen anempfohlen: ich nenne es den »Furz des Satans«: Alle starren gebannt auf den satanischen Furz (die verba)  und niemand achtet auf die bedrohte Lebenswirklichkeit (die res)  davor.

Wer sich näher informieren will, gehe ins Museumsquartier in Lübeck und/oder  greife zu dem Aufsatz des in Lübeck 1920 geborenen und 1996 in Altenberge im Grünen Weg 30 verstorbenen großartigen Literaten und Philosophen Hans Blumenberg, Wirklichkeit und Staatstheorie (1968), Schweizer Monatshefte: Zeitschrift für Politik, Wirtschaft, Kultur, Band (Jahr): 48 (1968-1969), Heft 2( https://michaelbouteiller.de/hans-blumenberg-…aatstheorie-1968/).

Michael Bouteiller

19.Mai 2024

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Hans Blumenberg, Wirklichkeit und Staatstheorie (1968)

Schweizer Monatshefte 5/1968

 

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Die Reichsfreiheitsfeier Lübecks 2026 vorbereiten!

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Die Lübeckische Zeitgeschichte als Lernort. Ein Versuch.

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Synagogenbrand 1994: Schlussfolgerungen

Für Lübeckerinnen und Lübecker und darüberhinaus könnte die Schlussfolgerung des Gutachters über die Motivation der jugendlichen Lübecker Brandstifter im Gerichtsverfahren um den ersten Brandanschlag auf eine Synagoge in Deutschland nach 1938 (25.3.1994) vor dem Oberlandesgericht Schleswig ein Menetekel sein: 

»Soweit es sich um junge Männer handelt, dient deren martialische Aufmachung als kompensatorischer Schutzmantel zur Stabilisierung ihrer brüchigen sexuellen Rollenidentität. Diese Jugendlichen sind besonders agressionsbereit, und so verwundert es nicht, daß nach Angaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz 70 % derjenigen, die Fremde, Ausländer, Asylbewerber, Andersdenkende und Behinderte bekämpfen, Jugendliche im Aller von 13 bis 20 Jahren sind. Von diesen sind wiederum 96 % männlichen Geschlechts.

Die sogenannte rechtsradikale Orientierung mit nationalsozialistischem Gedankengut ist weniger eine politische Bewegung, denn eine Notgemeinschaft von existentiell bedrohten und überforderten Jugendlichen. Die Reichskriegsflagge ist mehr Provokation denn politische Willensäußerung. Entlehnt sind die gedanklichen Inhalte bei der Generation der Großeltern, die vermutlich häufiger auf die vorhandene Ordnung und klare Strukturierung in ihrem Jugendalter hingewiesen haben. Rechtsorientierte Skinheadgruppen sind gekennzeichnet durch eine Primitivsozialisation über Außenfeindbilder: „Hasst du was, dann bist du was“ «

»Die Provokationen der von uns Ungeliebten und sozial Ausgegrenzten verden nämlich solange nicht aufhören, wie wir ihnen die ihrer Notstandspersönlickeit entsprechenden Daseins- und Lebensmöglichkeiten vorenthalten, solange wir nicht bereit sind, diese Menschen in unsere  soziale Gemeinschaft mit zu integrieren« 

(Prof.Gerd Schütze, „Unsere Gesellschaft liebt die ausgegrenzten Jugendlichen nicht, Frakturen“, Gegenwartsfragen 75, Kiel 1995, S. 62)

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Bockholts Keller

Die »Neue Mehrheit« in der Bürgerschaft oder: Das Narrenschiff setzt Segel

Der substanzielle Kern des von der Bürgerschaft beschlossenen Entwurfes  im Architektur-Wettbewerb um das »Neue Buddenbrookhaus« ist die Nutzung des Bockholt’schen Kellers. Fällt dieser Raum weg, stürzt das mit dem Ergebnis des Wettbewerbs beschlossene Konzept in sich zusammen.  Nichts funktioniert mehr. Das hat die Bürgerschaft mit ihrer »Neuen Mehrheit« 2023  beschlossen.  Und das genau ist das ernüchternde Ergebnis der Baubar vom 4.März 2024.

Da hilft kein Drehen und Wenden. Wer ein bleibendes Denkmal für die Familie Bockholt will, muss sich von den Buddenbrooks verabschieden. Vielleicht wäre ein großes Schild vor dem verschlossenen Eingang angebracht: »Bockholts Keller – Zutritt über die Geschäftsstelle der BIRL«

https://www.facebook.com/michael.bouteiller.10

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Werner Schöntaube

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Lübeck

Die LübeckerInnen wollen es nicht wahrhaben

Am 8.6.1926 schreibt Julius Leber:

„… Und doch war e r (Hugenberg, MB) der eigentliche unsichtbare Herrscher dieser Stadt, die er selbst vielleicht nie gesehen. Den S t a a t  hatte er in der Hand durch sein Oberhaupt, die Presse durch die größte Inseratenplantage. Sein Wille war maßgebend, beschränkt nur durch den leidenschaftlichen Widerstand der darob täglich beschimpften und begeisterten S o z i a l d e m o k r a t i e.

In Zeiten, in denen die USA aus Sicht politischer Beobachter bei der Wahl 2024 vor einer Diktatur stehen, sind sich die lübschen Lokalhistoriker nicht einmal heute dessen bewusst, dass die faschistische Diktatur in ihrer Stadt bereits 1921 mit dem Amtsantritt ihres Regierenden Bürgermeisters Neumann begann. In dem gezeigten Organigramm nimmt der lübsche Regierende Bürgermeister die Stelle des Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses des Scherl-Verlages ein. Dieser Scherl-Verlag war die ideologische Herzkammer des Hugenbergschen Zeitungsmonopols.

Das im Organigramm als »Viererausschuss der Schwerindustrie« bezeichnete Leitgremium mit Hugenberg, Kirdorf, Stinnes und Beukenberg zeigt die Verflechtung des Medienimperiums der Weimarer Zeit mit dem Industriell-militärischen-Komplex, der in den hitlerschen Faschismus führte. (Wer mehr wissen will: https://michaelbouteiller.de/luebecker-luegengeschichten/)