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Allgemein/Politik/Geschichte

Oliver Z. verlässt Lübeck

Er steht für die Moderne der Kunst in Lübeck. Er versuchte immer wieder, seine Kunstprojekte auch geistesgeschichtlich einzuordnen.

Er hat provoziert. Das gelang ihm mit dem Meese-Hype und zuletzt mit der Lübecker Ausstellungsreihe „Alchemie der Stadt“

Das Abschiedsinterview in den LN vom 23.6.2023 ist ein weiteres gutes Beispiel. Zybok zieht zum besseren Verständnis Jonathan  Meeses keinen geringeren heran als Georg Friedrich Wilhelm Hegel:

„Verstehen Sie mich nicht falsch, natürlich kann ich Meese kritisieren, ich muss es sogar. Er lebt ja davon, er will gar nichts anderes. Jedenfalls ist der Satz von Hegel, Kunst habe keine Erkenntnisleistung für die Gesellschaft, ein großer Irrtum. Wenn es Kunst schafft – und es gelingt ihr immer wieder –, dass jemand eine Haltung entwickelt oder überdenkt, sich bewusst macht, wofür sie oder er steht, dann ist verdammt viel erreicht.“

In der Phänomenologie des Geistes ging es bei Hegel aber mitnichten darum, die Kunst von der Erkenntnisleistung für die Gesellschaft zu befreien, wie das Zybok behauptet. Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Hegel konstatierte vielmehr dort „das Ende der Kunst“, um  „die Kunst von der Pflicht zu befreien, stets die Wahrheit zu verkörpern.“ 

Genau diese Befreiung der Kunst von den Verpflichtungen gegenüber der Wahrheit war damals das radikal Neue. Denn sie verschafft den KünstlerInnen die aus Sicht von Hegel gebotene künstlerische Freiheit. Demgegenüber befasst sich Oliver Zybok zusammen mit Raimer Stange in Band 205 von »Kunstforum International« lieber mit dem „Ende der Demokratie“. Vielleicht versteht er davon ja mehr. An Stelle der Demokratie tritt dann möglicherweise die Diktatur der Kunst in Person von Jonathan Meese oder die Kunstkritik.

Lieber nicht.

MB 24.6.2023

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Günter Grass – unschuldiges Papier

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Das ist der Kern Europas

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Allgemein/Politik/Geschichte Persönliches Profil

Friedrich Engels Schreiben an August Momberger 1894

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Allgemein/Politik/Geschichte

Führungslos – es ist der »kulturelle Pessimismus stupid«

Kein Wunder, dass die Werte der Deutschen Faschisten in der Sonntagsfrage seit Regierungsbeginn im Dezember 2021 innerhalb von 17 Monaten bis Juni 2023 von 11% auf 18% steigen. 

Solange die Scholz- Regierung sich als führungslose Schafherde zeigt, in der jeder und jede in einer anderen Tonart „Mäh“ sagt, haben die Wölfe im Schafspelz leichtes Spiel.

Es geht um Existenzielles: Krieg, Klima, Massenflucht. Wohin mit dem Protest? Eine linke Alternative existiert nicht.  1929  tauchte die Parole auf „ Haut die Faschisten, wo ihr sie trefft“. Ernst Thälmann, der Vorsitzende der KPD, rät davon ab: Was nützt Draufhauen, wenn die Faschisten trotzdem an Boden gewinnen? 

Adam Smith‘ 300. Geburtstag (wohl der 5.Juni 1723) erinnert uns heute an die „Unsichtbare Hand“- und James Carville, ein Berater des demokratischen US-Präsidentschaftskandidaten Bill Clinton, hat 1992 folgenden Satz geprägt: »It’s the economy, stupid.«

Der Satz war damals schon so grottenfalsch wie heute. Denn letztentscheidend für Wahlentscheidungen ist – wie wir wissen – nicht die Ökonomie pur, sondern die kulturelle Verfasstheit, oder besser noch die in einer Gesellschaft vorherrschende kulturelle Hegemonie.

Denn anders lassen sich die Brexit-Entscheidung, für die 2016 wirtschaftlich gar nichts sprach, Trumps Wahlsieg 2016, der nicht seine Wähler, sondern mit der Steuerreform 2018 die von ihm zuvor verdammten Milliardäre begünstigte, 2022 der Wahlsieg Netanjahus, der ohne Bezug zur desaströsen Wirtschaftslage erfolgreich war, oder die Wiederwahl Erdogans 2023, die bei miserabler Wirtschaftslage gelang, nicht erklären.

Es sind die OrganisatorInnen des »kulturellen Pessimismus stupid«, denen es gelingt, die herrschende Regierungspolitik schwarz zu malen (was kein Wunder ist) und die künftige Regierungspolitik der nationalistischen Einheit als Erlösung  des Deutschen Volkes glaubhaft darzustellen. Populismus pur zieht nicht nur in Deutschland, sondern überall – das ist die wahre „Zeitenwende“ von der Bundeskanzler Scholz 2022 sprach. Nachlesen können wir die verheerenden Folgen des heute wiedererstarkten kulturellen Pessimismus bei  Fritz Stern, Kulturpessimismus als politische Gefahr (1963),  2.Auflage, Stuttgart 2018.

s.auch Isolde Charim, Knapp überm Boulevard: Die Illusion von Souveränität, taz 25.7.2023, S.16, https://taz.de/!5948990/

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Allgemein/Politik/Geschichte

WAS TUT DIE POLITISCHE ELITE GEGEN DEUTSCHE FASCHISTEN ?

Und weiter geht‘s….

Und weiter geht‘s…

Was ist in unserem Land das Handlungsprogramm der politischen Eliten gegen 🔺 Präfaschismus in Deutschland und Europa?

Die Regierung streitet auf offener Bühne. Die Ampel kümmert sich einen Dreck um die Belange der Nichtbesitzenden 90% und folgt den Besitzenden🔺 10% (Schuldenbremse).

Diese Regierung hat offenbar vergessen, was 🔺Kapitalismus ist, den sie weltweit fördert.

So wird die Bundesebene zum eigentlichen Treiber für die AfD – bis zum bitteren Ende: bis die 25% fremdenfeindlich eingestellter nationalgesinnter Deutscher ausgeschöpft sind!

Die Führenden der SPD, die in der Regierung das soziale Gewissen verkörpern könnten, betreiben derweil rücksichtslos ihre Verzwergung. Sie haben offenbar ihre Gründungsidee vom 23.Mai 1863 in Leipzig, nämlich für die Besitzlosen (heute 90% der Bevölkerung) zu kämpfen, aufgegeben.

Zusammen mit der persönlichen und geschichtslosen Führungsunfähigkeit des Bundeskanzlers und seiner Entourage ist das ein Desaster.

War Antifa für sie Angriff?

Der Leipziger Autonomen Lina E. und drei Mitangeklagten wird eine Angriffsserie auf Neonazis vorgeworfen, nun soll das Urteil fallen. Es drohen die härtesten Strafen gegen Linke seit Jahren. Die linke Szene ruft bereits zum Großprotest auf

Lina E. am vergangenen Mittwoch vor dem Oberlandesgericht Dresden Foto: Sebastian Kahnert/dpa/picture alliance

Aus Dresden Konrad Litschko

🔺https://www.taz.de/!5934474

taz vom Samstag, 27.5. (Seite 5)
Vor dem Tag X
von Konrad Litschko
Verfassungsschutz und Bundeskriminalamt warnen vor einer Zunahme linksextremer Gewalt. Teile der linksradikalen Szene wollen kritisch über Militanz diskutieren

🔺https://www.taz.de/!5934475,.

Grün als Bedrohung: Warum die Klimapolitik die Arbeiter verliert von 🔺 Klaus Dörre»Blätter« 6/2023

„…Gewiss, ökologische Großgefahren wie die des Klimawandels betreffen alle, aber eben nicht in gleicher Weise und sie machen auch nicht alle gleich. Im Gegenteil: In Gesellschaften, in denen der demokratische Klassenkampf öffentlich marginalisiert wird, kann sich, so meine These, der ökologische Gesellschaftskonflikt in einen Modus ideologischer Beherrschung verwandeln – und zwar gerade, wenn auch nicht nur, der ökonomisch Schwachen. 

In Klassenlagen, die von den Zwängen des Lohns und der Lohnarbeit geprägt werden, löst das massive Widerständigkeiten aus, die als gewaltiger Bremsklotz für Nachhaltigkeit wirken und letztlich populistischen, antiökologischen Bewegungen Auftrieb verleihen…“

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Tausend Haßbriefe für Lübecks Bürgermeister

taz. die tageszeitung, vom 14. 2. 1996

■ Am 18. Januar brennt in Lübeck ein Wohnheim für Aslybewerber. In den Flammen sterben zehn Menschen. War es ein Anschlag? Die Polizei verhaftet drei Jugendliche – und muß sie wieder freilassen. Seitdem steht ein libanesischer Hausbewohner unter Verdacht – er bestreitet die Tat. Michael Bouteiller weint mit den Angehörigen der Opfer. Lübecks Bürgermeister reagiert aber nicht nur emotional: „Wir müssen die Gemeinschaftsunterkünfte auflösen, das unmenschliche Asylgeetz ändern, zivilen Ungehorsam leiste, um die Menschen vor Abschiebung zu schützen.“ Seitdem bekommt er viele Briefe. Die taz dokumentiert

„Herr Bürgermeister,“

was für Bilder sahen wir auf den Bildschirmen des Deutschen Fernsehens die auch um den Erdball gehen. Ein brennendes Haus, Feuerwehr, singende und tanzende, vollgefressene, lederbekleidende Schwarze mit einen jämmerlichen, keifenden, hysterischen nervenschwachen Bürgermeister.

Was haben wir mit Farbige aller Länder zu tun? Wir sind seit 78 Jahren keine Kolonialmacht! Jeder Ausländer und schmarotzende, krimineller Asylant nimmt sich mehr Rechte heraus als dem wohnenden Bürger zusteht. Der einheimische Bürger in Deutschland ist zum Knecht für Ausländer und seinen Politikern geworden. Das muß aufhören! OHNE NAMEN

„Unser Land verkanakt“

Brandstifter gehören ins Jenseits befördert, egal woher sie kommen und wohin sie gehören! Es gibt aber auch noch andere Verbrecher. z.B. solche, die öffentlich darzu auffordern, Widerstand gegen die Staatsgewalt zu leisten, wenn z.B. Kanaken abgeschoben werden sollten.

Es ist doch ein Wunder, daß nicht schon mehr Heime abgefackelt wurde. Ich halte das für ein Verbrechen und habe kein Verständnis dafür. Die große schweigende Mehrheit geht nicht auf die Straße. Sie ist nicht ausländerfeindlich, aber sie will nicht, daß unser Land verkanakt und verbrechert wird, sie will nicht, daß wir im Verbrechen versinken, daß wir weiter internationalisiert werden, daß sich Kanaken hier aufspielen können, als wären sie zu Hause. Die große schweigende Mehrheit verhält sich, wenn sie im Ausland ist, auch so, wie es sich für einen Gast ziemt. Und sie fährt wieder nach Hause, wenn der Urlaub rum ist. Und sie zahlt auch ihr Sach!

Wissen Sie eigentlich nicht, wie es in Häusern zugeht, wo kanakken allein wohnen: Offenes Feuer, also Lagerfeuer auf dem Boden, Steinboden, Fliesen, oder auf Parkett ein Blech legen. Keine Seltenheit. Es ist ein Wunder daß nicht mehr Türkenhäuser in die Luft gehen, was man dort alles so sehen kann.

Na denn, trotzdem viele freundliche Grüße an die Waterkant OHNE UNTERSCHRIFT

„War Alkohol im Spiel?“

Verehrter Herr Bürgermeister, ich und mit mir viele meiner Mitbewohner sind über ihr Verhalten entsetzt. Bei ihren Kommentaren haben Sie sich wie ein Primaner bei seinem ersten Treffen benommen, hektisch, verwirrt usw. Schon schlimm genug, weil es Tote gab, müssen Sie noch Öl ins Feuer schütten und von Nazi-Tätern reden. Zu diesem Zeitpunkt haben weder Sie noch andere Kenntnis gehabt was geschehen ist. Müssen wir Deutsche immer gleich unser Nest beschmutzen und mit dem Büßergewand herumlaufen?

Aber unser Lübecker Bürgermeister weiß nichts Eiligeres zu tun als das eigene Nest zu beschmutzen, und noch Strafmaßnahmen anzudrohen: „wir werden die Ausländer integrieren“.

Da darf ich Sie bitten, gleich den Anfang zu machen und 1-2 Familien in ihrem Haus aufzunehmen! Wie können Sie Bürger zum Gesetzesbruch auffordern, warum haben Sie sich so daneben benommen – war wieder der Teufel Alkohol im Spiel!?!

Mit wenig Achtung vor solch einem Bürgermeister P. UND 12 WEITERE NACHBARN

„Sie Stinktier“

Ich glaube nicht, daß Sie wirklich Angst um sich zu haben brauchen. Zwar haben Sie einen außergewöhnlichen Schaden angerichtet zu Lasten Deutschlands. Aber welcher anständige Mensch kommt Ihnen zunahe? Einem Stinktier wird aus dem Wege gegangen. Einer Person wie Ihnen begegnen anständige Menschen mit Ekel und Abscheu. Mit der Ihnen zukommenden Nichtachtung. DR. ERNST M.

„In der Mitte sitzt ein Perser“

Ihr Auftritt im Fernsehen war eine Schande für einen Mann an verantwortungsvoller Position. Ein Mann muß sich auch bei schmerzlichen Anlässen in der Gewalt haben und darf nicht fast überschnappen.

Ich darf Ihnen sagen, daß wir seit über 20 Jahren an Goethe-Studenten vermieten und einiges von Ausländern gewöhnt sind. Nachtspeicherheizung auf 30 Grad eingestellt. Zusätzlich einen Kocher rotglühend in der Mitte des Zimmers, sitzt ein Perser, ein Syrer und ein türkischer Arzt im Schneidersitz um diesen herum. Wie schnell ist da ein Haus abgefackelt. EGON K.

„Herr Bouteiller!“

Nehmen Sie bitte in zivilem Gehorsam gegenüber Ihrem Amtseid Ihren Hut, und nehmen Sie bitte alle schmarotzenden Asylanten mit nach Afrika, und bauen Sie dort gemeinsam den Staat auf, den Sie hier wünschen. Ich frage mich immer, warum die Afrikaner uns belehren wollen. Wie sagte schon A. Schweitzer? der Afrikaner ist ein Kind, und so muß er auch behandelt werden.

Ich erwarte schon seit einem Tag ihren Rücktritt, Idioten haben wir nämlich in Deutschland genug. UNTERSCHRIFT UNLESERLICH

„Ein süßes Briefbömbchen!“

Nimm Dich bloß in acht, daß wir Dich Drecksau nicht in einer „Nacht der langen Messer“ abstechen!

Heute habt Ihr dreckigen Bonzen Euch endgültig entlarvt: Eure Hätschelkinder, die „lieben, ach so lieben“ Asylbetrüger sollen mit Deutschen „zusammenwohnen“ – da haut’s dem Faß den Boden aus!!! Hoffentlich gehst Du mieser Drecksack mit gutem Beispiel voran: 10 oder besser 20 Nigger in Deine Bonzenvilla, Deine Alte und Deine Huren Töchter läßt Du gefälligst von den Bimbos ficken (die können es vermutlich besser als Du Pfeife, Deiner alten geilen Votze wäre so ein junger Bimbospritzer ohnehin lieber) – und Du brauchst dann nicht mehr zu heulen. Wäre das kein „Wiedergutmachungsvorschlag“?

Das ist doch Eure ganze Weisheit: Ausrottung des Deutschen Volkes mittels Totaldurchrassung, Völkermord durch Umzüchtung!

Du miese rote Drecksau – sieh Dich vor – treib es nicht zu „doll“, sonst könnte Dich Lumpenhund womöglich ein süßes Briefbömbchen zerfetzen! DEIN FREUND – DER TOD. EIN NATIONALER DEUTSCHER

„Du elendes rotes Dreckschwein!“

Wieviel Kanaken willst Du in Dein Haus aufnehmen? oder schon aufgenommen? Weshalb machen diese angeblich Asylanten den weiten Weg nach Lübeck? Für Libanesen ist doch der Staat Israel näher.

Ich bin kein Freund Hitlers, aber für solche Wildsäue wie Du eines bist, wäre die NS-Zeit viel zu human.

Es wird ein Zeit kommen, wo man Dich Ratte an den Füßen aufhängt, dann werde ich Dir in die Fressen spüken Du Wildschein SCHADE FÜR DIE BRIEFMARKE

„Nehmen doch Sie die Asylbewerber auf!“

Wie aus der Presse zu entnehmen war, haben Sie „gemeinsame Unterbringung von Asylbewerbern und Deutsche“ vorgeschlagen.

Ihr Vorschlag in Ehren. Aber, wäre es der Sache nicht dienlicher, wenn erst einmal Politiker in ihren Wohnungen Asylbewerber aufnehmen wollten. Ein Zimmer hat jeder noch frei. Solche Bereitschaft würde dann wohl manchen Bürger ermutigen, diesem Vorbild nachzueifern. Dadurch ließen sich auch erhebliche Kosten einsparen.

HOCHACHTUNGSVOLL DR. HANS N.

„Oder Du bist bald ein mausetoter Bürgermeister.“

Wer bist Du denn, Du Rotzlöffel, der Du glaubst ein Bundesgesetz mißachten zu können. Nigger, die sich hier illegal einschleichen, werden verhaftet und SOFORT abgeschoben!!!

In der Szene überlegt man bereits wie man Dir, Du Arschloch, oder deiner Familie einen dauerhaften Denkzettel verpassen kann. Schmeiß die Niggerschweine raus oder Du bist bald ein mausetoter Bürgermeister. KAMPFBUND ZUR REINHALTUNG DEUTSCHEN BODENS E.V. FÜR DEN VORSTAND: SIEGHOLD S.

„Sie Profiliersüchtiger!“

Schlimm der Brand in Lübeck, bei dem zehn Menschen umsleben kamen und viele verletzt wurden. Aber gut, daß die Brandursache nicht von Deutschen ausging.

Fast alle Politiker haben sich mit ihren Stellungnahmen zurückgehalten und keine Schuldzuweisungen ausgesprochen. Nur der profiliersüchtige Lübecker Bürgermeister hat nichts ausgelassen um den Deutschen zu schaden. Nach ihren Äußerungen sind SIE es nicht wert, überhaupt noch einen Groschen vom deutschen Steuerzahler zu bekommen. SIE sind untragbar. Wenn Anschläge – dann nicht auf Ausländer, sondern auf solche Vögel wie SIE. MIT HASSERFÜLLTEN WÜNSCHEN GEGEN SI

„Sehr geehrter Herr!“

Inzwischen ist Ihnen wohl bekannt geworden, daß Sie die größte Pflaume als Politiker der Stadt Lübeck sind.

Diese schreibt Ihnen kein Neo-Nazist, sondern eine ganz normaler Bürger Deutschlands, der schon über 40 Jahre die CDU Wählt. Jeder Verbrecher selbst die der Bader-Meinhofband, die nachweislich Menschen umgebracht hatten, wurde immer als „mutmasliche“ Rechtsbrecher bezeichnet. Plötzlich brennt da in Lübeck ein Asylanten Wohnhaus, Menschen sterben und es werden ein paar junge Menschen festgesetzt. Da steht plötzlich ein Trottel auf, der gleichzeitig Bürgermeister von Lübeck ist. Dieser ausgemachte Trottel weis auch sofort wer die Verbrecher sind, nämlich die festgenommenen jungen Burschen, die auch gleich zur Neo- Nazi Scene gerechnet werden. Ohne überhaupt eine Ahnung zu haben, verurteilt dieser Trottelige Bürgermeister in aller Öffentlichkeit diese Leute zu den Verbrechern und er verlangt auch sofort die höchste Strafe. Was verlangt das deutsche Volk von solch einen Lübecker Trottel? Nun, dieser Mann ist nicht tragbar als Bürgermeister. OHNE UNTERSCHRIFT

„Palaver um Tote“

Es ist immer leicht bei uns Deutschen Täter zu suchen wenn irgendwo ein Anschlag verübt wird. Wer fragt nach den Toten die durch Drogen sterben die von den Niggern aus Afrika und Asien und Osteuropa kommen die in ihrer Stadt Asyl erhalten jetzt wird um die Toten Ausländer ein Palaver gemacht wir bedauern diesen Vorfall auf das schmerzlichste. Wir wollen doch mal ehrlich sein, wir haben schon über 40 Jahre Italiener Spanier Portogisen als Gastarbeiter bei uns und noch nie ist ein Anschlag auf diese verübt worden erst seit wir Parasiten Schmarotzer bei uns haben kommt der Frust bei der Bevölkerung hoch. Wir haben Millionen Arbeitslose und hunderttausende Obdachlose aber immer mehr Asylanten Flüchtlinge Umsiedler und Illegale kommen zu uns, für die ist Geld da nur für unsere Mütter und Väter die Deutschland unter unsäglichen Entbehrungen aufgebaut haben werden heute mit ein paar Mark Renten abgespeist und Ausländer bekommen Rente und Sozialhilfe von unserem Geld. Wir vom KU KLUX KLAN werden dieses Unrecht mit allen Mitteln bekämpfen und die Parasiten und Schmarotzer aus Deutschland vertreiben KU KLUX KLAN

„Ruhe in Deutschland“

Ihren Auftritt habe ich im Fernsehen gesehen. Schämen Sie sich nicht. Schickt die Ausländer alle in ihre Heimatländer zurück und es herrscht Ruhe in Deutschland.

Oder nehmt die Asylanden doch in Eure Häuser und Wohnungen auf, warum tut ihr das nicht, weil ihr scheinheilige, raffgierige Heuchler seid.

Alle können sie Neger, Zigeuner usw. in die Häuser aufnehmen Kinkel, Bubis, Scharping, Geißler, Süßmuth usw.

Ihr seid alle nur raffgierige Wessi-Arschlöcher zum zivielen Umgehorsam aufrufen, Sie gehören nach Halle in den Knast, in den „Roten Ochsen“. ES GRÜSSEN DIE DDR-BÜRGE

„Der darf nicht mehr sprechen.“

Jagt eueren heulenden Waschlappen den Bürgermeister Michael Bout… mit den Bimbos in den Urwald. Was diese Type sich geleistet hat, hauptsächlich auch vor dem Ausland, die Deutschen als Mörder hinzustellen. Für dieses Land darf der nicht mehr sprechen. Gebt ihm einen Tritt in den Hintern. OHNE UNTERSCHRIFT

Die dokumentierten Briefe sind von der Redaktion nicht korrigiert worden.

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Lübeck hält den Atem an

Nach dem Brandanschlag auf die Synagoge sind viele wütend, die meisten sprachlos und einige unbelehrbar

Lübeck hält den Atem an, Von Michael Siedenhans, 1. April 1994, 9:00 Uhr, Die Zeit

Concordia domi et foris pax (Drinnen Eintracht und draußen Frieden), Inschrift auf dem Lübecker Holstentor

Für Michael Bouteiller war am Freitag morgen um 5.30 Uhr seine Stadt nicht mehr in Ordnung: Der Lübecker SPD-Bürgermeister war gerade aus dem Bett gestiegen, um eine Reise nach Lettland anzutreten, als ihn eine Redakteurin von Radio Schleswig-Holstein anrief und ihm mitteilte, daß ein Brandanschlag auf die Lübecker Synagoge

Unbekannte hatten gegen 2.20 Uhr zwei Molotowcocktails in das Seitenfenster des Gebetshauses geworfen. Ein Brandsatz zerstörte den Vorraum und beschädigte wertvolle Dokumente. Die Laubhütte brannte völlig nieder. Sechs Familien, die in dem dreigeschossigen Klinkerbau an der St. Annen Straße wohnen, wurden durch den Qualm aus den Schlaf gerissen. Der junge Kantor der jüdischen Gemeinde, Chaim Kornblum, alarmierte die Polizei und die Feuerwehr, die innerhalb von zehn Minuten das Feuer löschte.

Was danach kam, wird nicht nur dem Bürgermeister lange im Gedächtnis bleiben: Bouteiller sagt die Reise nach Lettland ab und fährt gegen 7 Uhr zum Gotteshaus in der Altstadt, wo er Bertold Katz aufsucht, den 78jährigen Alt-Kantor, der als einer der wenigen Lübecker Juden den Holocaust überlebte.

Als der Bürgermeister die Synagoge verläßt, steht er vor einem Heer von Kameras. Wiederholt sagt er dasselbe: „Die Glaubwürdigkeit unserer Demokratie steht auf dem Spiel. Es ist Zeit, daß faschistische und radikale Organisationen verboten werden. Die Republikaner dürfen keine Meinungsfreiheit mehr erhalten.“ Als eine Reporterin eine weitere Stellungnahme verlangt, ist Bouteillers Geduld am Ende: „Ich habe keine Lust, die gleichen Formeln wieder aufzusagen.“ Später dann: „Ich habe die symbolische Bedeutung des Anschlags nicht in Worte fassen können. Aber wir alle müssen erst langsam verstehen, was hier geschehen ist.“ Ähnliche Schwierigkeiten hat auch Heide Simonis, Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein, als sie den Tatort besucht. Sie spricht von einer „Wahnsinnstat“.

Kurz vor Mittag demonstrieren Schüler der Realschule Moisling vor der Synagoge, einer trägt ein Plakat mit der Aufschrift „Gegen rechts“. Die Studenteninitiative „Hand in Hand“ hält an der Mauer eine Mahnwache. Der Lübecker Student Martin Meya berichtet von Vorwarnungen: „Vor einer Woche wurde ein ZDF-Übertragungswagen mit der Sprühpistole beschmiert: ‚Mölln kommt bald wieder. 20. 3. 94.‘“ Mitglieder vom Antifaschistischen Büro in Lübeck erzählen von Anrufen in der Geschwister-Prenski-Gesamtschule. „Ihr seid bald alle tot“, habe eine Männerstimme am Telephon gesagt.

Lübecker Bürger gehen neugierig vorbei. Sie fragen, ob Menschen verletzt worden seien. „Ach so, es ist nur Sachschaden entstanden“, sagt ein Mann, der schnell wieder verschwindet, als das Kamerateam des NDR ihn interviewen will. Die Anwohner der St. Annen Straße sind verärgert über die Art und Weise, wie sich die Medien in ihrer Straße breitmachen. „Macht endlich dem Bürgersteig frei, damit ordentliche Bürger hier langgehen können.“ Eine junge Frau sagt, als sie an der Synagoge vorübergeht: „Scheißjuden.“

Unter den Presseleuten wächst die Ungeduld. Regen setzt ein. Die Spurensicherung sucht im Garten noch akribisch nach Hinweisen. Die Informationen der Lübecker Polizei über den Tathergang sind mager. Die beiden Kantoren haben sich in der Synagoge verschanzt – sie sind für die Presse nicht mehr zu sprechen. Dafür werden die zwei wachhabenden Schutzleute vor dem Tor der Synagoge mit Fragen bedrängt.

An der Synagogenmauer klebt ein Aufruf zur Mahnwache. Der Regen läßt die Schrift auf dem Papier zerrinnen, aber sie zeigt Wirkung: Gegen 18 Uhr haben sich rund 200 Lübecker vor der Synagoge versammelt. Die meisten halten Grablichter in ihren Händen und schweigen. Die Sprachlosigkeit unterbricht Pastor Hans-Hartmut Schroeder von der St.-Aegidien-Gemeinde. Er liest einen Psalm. Durch die Menge drängeln sich die Gäste des Passahfestes, sie werden von der Polizei kontrolliert und dann zur Synagoge durchgelassen.

Einen Tag nach dem Anschlag auf die Synagoge in der St. Annen Straße mischen sich empörende Töne in das Entsetzen: Ein kleiner, kugelbäuchiger Mann schreit hysterisch „Volksverhetzer“. Ihn stört das Plakat „38/94: Wieder brennen Synagogen. Endlich alle Nazi-Organisationen verbieten.“ Mitglieder des Lübecker Bündnisses gegen Rassismus haben es zur Kundgebung am Samstag mitgebracht. Drei Männer in schwarzen Lederjacken umkreisen den Unbelehrbaren. „Alter, du bist hier falsch, verpiß dich.“

Parteien, Kirchen, Gewerkschaften und das „Antirassistische Bündnis“ haben ihre Demonstrationsveranstaltungen zusammengelegt. „Lübeck hält den Atem an“ heißt es fünf vor zwölf auf dem historischen Rathausmarkt. Die Totenglocken läuten, und die tausend Menschen auf dem Platz schweigen. Doch nur für einen kurzen Moment: Ein Hubschrauber übertönt das Geläut, und einige Jugendliche rufen: „Lieber eine Minute schreien, schreien vor Scham.“ Stadtpräsident Peter Oertling tritt vor das Mikrophon und sagt: „Wenn wir wach sind, schlagen wir diesen Menschen eins auf die Schnauze.“

Die Besinnungslosigkeit ist gewichen, die Wut wächst. Christoph Kleine vom „Bündnis gegen Rassismus“ sagt: „Betroffenheit zeigen reicht nicht mehr, es müssen Konsequenzen gezogen werden: Die faschistischen Parteien und Organisationen müssen sofort verboten werden. Die Politiker müssen aufhören, Rassismus als Munition für den Wahlkampf zu benutzen.“ Die sanften Worte von Hamburgs Bischöfin Maria Jepsen finden dagegen nur schwachen Beifall bei den Lübeckern.

Als sich der Demonstrationszug durch die Innenstadt in Bewegung setzt, werden die Neugierigen angesprochen: „Macht mit. Es ist Zeit aufzuwachen.“ Die Parolen wirken: Rund 4000 Menschen beteiligen sich an dem Marsch.

Um 14 Uhr löst sich die Demonstration vor der Synagoge auf, eine Mahnwache bleibt, und die jüdische Gemeinde feiert mit 140 Gästen ihr Passahfest. Doch Lübeck hat am vergangenen Wochenende ein neues Symbol erhalten und die Inschrift auf dem Holstentor eine neue Bedeutung gewonnen. „Lübeck wird als die Stadt in die Geschichte eingehen, in der zum ersten Mal nach fünfzig Jahren wieder eine Synagoge gebrannt hat“, sagt Bürgermeister Michael Bouteiller.

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Das Portrait: Der sanfte Radikale

taz. die tageszeitung, vom 22. 1. 1996

Renitenter Bürgermeister Michael Bouteiller 

Da stellt sich ein Mann hin und weint. Öffentlich. Vor laufenden Kameras, offenen Mikrofonen und Hunderten Augenpaaren. Michael Bouteiller (51) ist Politiker, SPD- Bürgermeister von Lübeck. Zehn Menschen sind am Donnerstag bei dem Feuer in einem Flüchtlingsheim der Stadt verbrannt. Ein Schwarzafrikaner hat seine Frau und fünf Kinder verloren. Als der Familienvater bei einer Bürgerbefragung zusammenbricht, ist es der Bürgermeister, der ihn umarmt und mit ihm weint.

Doch Michael Bouteiller heult nicht einfach nur rum. „Sehr schnell war mir klar, daß es jetzt auch darum geht, eine Botschaft rüberzubringen“, sagt er. Und die verschärft erneut den Streit um das Asylgesetz. „Wir müssen die Gemeinschaftsunterkünfte auflösen, das unmenschliche Asylgesetz ändern, zivilen Ungehorsam leisten, um die Menschen vor Abschiebung zu schützen.“ Und: „Wenn der Staat sich entfernt von der Gesellschaft, ist es dieser Staat, den wir abschaffen müssen.“ Nichts als radikale Sprüche?

Bouteiller ist Jurist. Ein schmächtiger Mann mit braunen, bebrillten Augen und empfindlichem Blick. Seit 1988 ist er Lübecker Bürgermeister, vorher arbeitete er als Richter in Minden, baute in Bielefeld das Umweltamt auf und übte sich nebenbei bei Blockaden gegen die Atomwaffenstationierung.

„Offen“ sei er, sagt er über sich, „wenig aggressiv, aber durchsetzungsfähig.“ Kurz nach der Amtsübernahme in Lübeck attackierte er prompt die dort versammelte Atomlobby. Letztes Jahr legte er sich mit der Kaufmannschaft seiner Hansestadt an, weil er die Stadt vor „ausschließlichen Kapitalverwertungsinteressen schützen“ wollte. Als den „letzten Sozialisten“ beschimpften ihn daraufhin die Lübecker Nachrichten.

Die CDU stempelt ihn zum Hampelmann und versuchte bereits zweimal, ihn abzusägen. Die oberste Sozi- Riege wollte ihn 1993 gegen Björn Engholm als Bürgermeister austauschen – doch da war die SPD-Basis vor. Was ihn in der Asyldiskussion treibt, ist sein eigenes schlechtes Gewissen. Vor zwei Jahren warb er noch selbst für eine Grundgesetzänderung beim Asylrecht. Jetzt wirbt er für einen offenen Rechtsbruch beim Asylverfahrensgesetz. Ohne den Rückhalt der Lübecker und seiner Partei werden seine Forderungen tatsächlich nur Sprüche bleiben – das weiß er. Doch seine Ministerpräsidentin Heide Simonis hat er in vielen Punkten bereits auf seine Seite gezogen. 

BAM

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Falscher Mann im Ruhestand

Was macht eigentlich Michael Bouteiller? Lübecks Ex-Bürgermeister, der öffentlich den Tod von 18 Asylbewerbern beweinte, ist wieder Rechtsanwalt. Teil 4 der Serie über PolitikerInnen nach der Politik

VON ELKE SPANNER,

taz. die tageszeitung, vom 10. 8. 2006

Als Bürgermeister hatte Michael Bouteiller natürlich immer eine Chefsekretärin. Heute schreibt er seine Schriftsätze selbst. Die Rechtsanwaltskanzlei, in der er arbeitet, betreibt er ganz allein. Sie liegt in einem bewaldeten Wohngebiet, in dem man Unbekannte an der Bushaltestelle freundlich grüßt. Auch Bouteiller lebt hier. Sein Büro liegt unmittelbar neben dem Bungalow der Familie in einem kleinen Fachwerkhaus. Der Weg ins Arbeitszimmer führt durch einen Raum, der mal Hobbyraum gewesen sein könnte. Dunkelgraue Auslegeware, ein Sofa, daneben die Stereoanlage. Dort sitzt Bouteiller und hört Musik, während er den Besuch erwartet. Er hat sich ins Privatleben zurückgezogen.

Über Jahrzehnte war Bouteiller dort zu Hause, wo Entscheidungen getroffen werden – im repräsentativen Rathaus und in der Parteizentrale der örtlichen SPD. Auch heute noch findet sich seine Unterschrift unter politischen Aufrufen und Dokumenten. Für die „UN-Commission on Peace and Crisis Prevention“ etwa hat er ein Statut mitverfasst. In der Öffentlichkeit aber steht er damit nicht. „Langsam können auch mal Jüngere ran“, sagt der 63-Jährige.

Bouteiller wurde weit über die Hansestadt hinaus bekannt, als ihm am 18. Januar 1996 vor laufenden Fernsehkameras Tränen über das Gesicht liefen. In jener Nacht ging die damalige Flüchtlingsunterkunft in der Lübecker Hafenstraße in Flammen auf, zehn Menschen starben, 38 wurden zum Teil schwer verletzt. Ein Brandanschlag, der niemals aufgeklärt wurde. Bouteiller war vor Ort. Er sah den Schmerz um sich herum und brach selbst in Tränen aus. Doch das Bild eines Funktionsträgers, der sich hilflos und verzweifelt zeigt, war schwer auszuhalten für eine Stadt, die sich plötzlich als rechte Hochburg angeprangert sah. Man wollte Stärke beweisen, Selbstsicherheit, und dafür war Bouteiller der falsche Mann, zumindest in diesem Moment. Er hat viel Hass geerntet dafür. „Betroffenheitskult“ ist noch eine der harmloseren Beschimpfungen, die er sich für seine Gefühle anhören musste.

Nur wenige Wochen später forderte Schleswig-Holsteins Innenminister Ekkehard Wienholtz (SPD) öffentlich den Rücktritt Bouteillers. In der Zwischenzeit hatte der zum zivilen Ungehorsam zum Schutz von Flüchtlingen aufgerufen, das Asylrecht scharf kritisiert und den Überlebenden des Brandanschlages unbürokratisch Passersatzpapiere ausgestellt, damit diese ihre getöteten Angehörigen in der Heimt beerdigen lassen konnten.

Für Bouteiller ist wesentlicher Teil der Tragik des 18. Januar 1996, „wie die Leute darauf reagiert haben“. Das Befremden darüber war sein erster Bruch mit der eigenen Partei. Bouteiller hat viel zu erzählen, wenn er über die Politik der SPD spricht. „Ja-Sagerpartei“, „kapitalhörig“, „unsozial“ – sie sind längst keine Freunde mehr. 2002, zwei Jahre nach Ablauf seiner Regierungszeit, ist Bouteiller aus der SPD ausgetreten.

Ein wenig hat er anschließend mit der WASG geliebäugelt. Er hat mehrere Kongresse der neuen Partei besucht, denn „wir brauchen ganz dringend eine Alternative in dieser Republik“. Dann hat er sich doch gegen ein aktives Mittun entschieden. Bouteiller ist müde – oder wirkt es nur so, weil er mit leiser Stimme spricht? Nach 40 Jahren Politik, sagt er, „will ich nicht mehr vorne stehen“.

Die Haare des 63-Jährigen sind nur ein wenig ergraut. Er trägt eine runde Nickelbrille und ein schwarzes Poloshirt, Wasser schenkt er aus der Plastikflasche ein. In seinem Anwaltsbüro stehen nur einzelne Ordner. Seine jetzige Tätigkeit ist eher beratend, Akten bearbeitet er kaum. Wenn er über seine Fälle spricht, beschreibt er Konflikte zwischen Menschen und keine juristischen Probleme. Mediation, Kommunikation, das sind Begriffe, die ihm wichtig sind. Nebenbei ist er freier Konfliktmoderator im Dortmunder „Institut für Kommunikation und Umwelt“. In Herdecke beispielsweise hat er zwischen den Betreibern einer Abfallrecyclinganlage und den Nachbarn das Gespräch vermittelt.

Den einstigen Kommunalpolitiker hört man bei Bouteiller nicht mehr raus. Die Frage nach seinen heutigen politischen Aktivitäten beantwortet er mit einer Abhandlung über den Völkerrechtskonflikt im früheren Jugoslawien, die verheerende Menschenrechtssituation im Kongo und das Selbstverständnis der USA, Friedensbote in der Welt zu sein. Bouteiller erzählt in unzähligen Details. Er wirft mit Namen um sich, springt gedanklich von einem Katastrophengebiet ins nächste und verzettelt sich manchmal in Einzelheiten, als würde er in seiner Erzählgeschwindigkeit noch von den Gedanken überholt. Es ist nicht immer leicht, ihm zu folgen. Zwölf Jahre war er Bürgermeister, da spricht man auch ungefragt. Doch seine Sätze offenbaren nicht die Gewöhnung an Macht, sondern den Wunsch, andere an seinen Überlegungen teilhaben zu lassen.

Der Bungalow, in dem Bouteiller lebt, ist von außen schlicht. Die Einrichtung aber ist modern und geschmackvoll. Hinter der Wohnzimmertür hängt ein Bild, das er selbst gemalt hat. Zu sehen ist das Lübecker Holstentor, auf das eine schwere Pistole gerichtet ist. Davor kauert eine Taube, die zu diesem Zeitpunkt noch lebt. Sie steht für einen Mann, der mit Nachnamen Schöntaube hieß, in Lübeck auf der Straße lebte und eines Tages von einem Ordnungsfanatiker erschossen wurde.

Bouteiller kannte diesen Mann gut. Er hatte Schöntaube zufällig beim Bummel an der Trave kennengelernt, als er mitten im Bewerbungsverfahren um den Posten des Bürgermeisters war. Im Laufe ihrer Plauderei hatte Bouteiller das erzählt. Und Schöntaube hatte erwidert: „Wenn du Bürgermeister wirst, dann werde ich Kaiser von China.“ Daraufhin gab Bouteiller ein Versprechen ab: Sollte er den Regierungsjob bekommen, würde er Schöntaube am ersten Arbeitstag zum Mittagessen einladen.

Das Versprechen hat er eingelöst – und sich gleich die erste Kritik eingehandelt. „PR-Gag“, höhnte die örtliche Presse zur Begrüßung des neuen Amtsinhabers. Wenige Monate später war Schöntaube tot. „Dieses Erlebnis“, sagt Bouteiller, „hat mich in meiner Amtszeit am meisten berührt.“