…“Unsichtbar, so will die CDU die Kids in Neukölln
Normalerweise sehen wir diese Kids nie. Die gesellschaftliche Spaltung ist so weit vorangeschritten, dass ich von einer Prügelei im Prinzenbad so wenig mitbekomme wie Sie von Prenzlauer Berg, von Cloppenburg oder Würzburg aus. Die Welt dieser Kids ist nicht meine Welt, selbst wenn wir eine Wiese teilen. So wie Sie die Welt der armutsgefährdeten Kids Ihrer Stadt vermutlich auch nicht mitbekommen. Deren Sorgen. Nöte. Oder Prügeleien.
Nur wenn es eine Prügelei in Neukölln gibt, dann ja! Dann sieht die Republik sie plötzlich, die Kids. Weil sie zur Chiffre werden für ein Zusammenleben, das so nicht funktionieren soll. Dabei braucht gerade enges Zusammenleben eine gute Infrastruktur. Genug Lehrerinnen, Ärzte, Freizeit-Orte. Aber Neukölln ruft um Hilfe: Aufgrund der Sparpolitik des Berliner Senats fehlen dem Bezirk 22,8 Millionen Euro im Jahr, weshalb der Wachschutz an 12 Schulen gestrichen, die Obdachlosenhilfe reduziert, die aufsuchende Suchthilfe abgeschafft, die Reparatur kaputter Spielplätze gestrichen, Jugendfreizeit- und Familieneinrichtungen geschlossen werden sollen.
Um die Neuköllner Kids kümmert sich jetzt die CDU: mit Ausweiskontrollen und Polizei vor ihrem Sommerbad. Vielleicht bekommt man sie auf diese Weise wieder angenehm unsichtbar für die kühlen Pools der Republik.“
Gewaltforscher Wilhelm Heitmeyer erklärt, warum die AfD im Osten so stark ist und welche Rolle Kultur- und Klassenkämpfe bei ihrem Erfolg spielen. Ein Interview von Baha Kirlidokme
Wikipedia
Wo man hinsieht, nichts: Die AfD ist besonders in Ostdeutschland erfolgreich. Die Wende hat dort wirtschaftlich wenig hinterlassen, man fühlt sich abgehängt. dpa
Herr Heitmeyer, die AfD stellt seit Sonntag ihren ersten Bürgermeister in Sachsen-Anhalt, seit einer Woche ihren ersten Landrat in Thüringen. Je nach Umfrage ist sie bundesweit zweitstärkste Partei und könnte in Thüringen sogar die Landtagswahl gewinnen. Hätten die Alarmglocken nicht schon gestern läuten müssen?
Man muss sich schon große Sorgen machen, vor allem mit Blick auf die Landtagswahlen. Die Wahl des Bürgermeisters und des Landrates sind Symptome einer Normalisierung. Es ist deshalb notwendig, dass man die AfD nochmal genauer in das gesamte rechte Spektrum einordnet. Es ist verwunderlich und nachlässig, wie Leitmedien die AfD immer noch verharmlosend als rechtspopulistisch bezeichnen.
Die Partei ist keine klassisch rechtsextremistische, denn Rechtsextremismus operiert immer mit Gewalt. Ich identifiziere die Partei als „Autoritären Nationalradikalismus“. Das Autoritäre findet sich als erstes Kriterium im Ordnungsmodell einer Gesellschaft mit traditionellen Lebensweisen, starker Führung und dichotomischen Weltbildern. Das zweite Kriterium ist das Nationalistische, das auf die Überlegenheitsfantasien der deutschen Kultur zielt, mit der Formel „Deutschland zuerst“ hantiert und „Deutsch-Sein“ als Identitätsanker. Das dritte Kriterium, das Radikale, zeigt sich in einem rabiaten Kommunikations- und Mobilisierungsstil, der durchzogen ist von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.
Wie sollte der richtige Umgang von Medien mit der AfD aussehen?
Wir müssen die gesellschaftliche Entwicklung einbetten in den Kontext von Krisen, Kontrollverlusten und Konfliktstrategien der AfD. Die traditionellen Instrumente in der Politik, um Krisen zu bewältigen, funktionieren an vielen Stellen nicht mehr. Zudem sind die Zustände vor den Krisen nicht wiederherstellbar. Teile der Bevölkerung erleben deshalb Kontrollverluste über ihre Biografie. An der Stelle setzt dann die AfD an mit dem Slogan: „Wir stellen die Kontrolle wieder her“. Insofern müssen Medien genauer einordnen und die Mechanismen beschreiben.
Also war es ein Fehler des „Stern“-Magazins, Alice Weidel auf das Cover zu heben?
Ich halte das gesamte Interview gelinde gesagt für eine Home-Story, die da vom „Stern“ produziert wurde. Die Journalisten haben an keiner Stelle nachgehakt. Wenn man so an der Oberfläche herumturnt, ist es ein großer Gewinn für die AfD und Frau Weidel.
Wer sind eigentlich die Wähler und Wählerinnen der AfD? Das werden ja wohl kaum alles Neonazis sein, wie manche meinen.
Nein, auch deshalb insistiere ich, den Begriff des „Autoritären Nationalradikalismus“ stark zu machen. Dahinter verbergen sich nicht Neonazis, das ist eine andere Gruppierung. Es gibt vier Gruppen, die man hier besonders nennen muss. Die AfD gewinnt gerade in Ostdeutschland bei den autoritär sozialisierten Menschen, die in einen Kontext des Kontrollverlustes hineingeraten sind. Das sind Menschen, die aufgrund der Wende viele Brüche in ihrer Lebensbiografie und oft Anerkennungsverluste erfahren haben. Für diese Menschen ist es attraktiv, wenn die Wiederherstellung von Kontrolle propagiert wird. Die zweite Gruppe sind ehemalige Nichtwähler, denen das Vertrauen in die Demokratie fehlt. Die AfD hat es geschafft, viele von ihnen aus der wutgetränkten Apathie zu holen. Hier hat die AfD mit ihrem rabiaten Kommunikations- und Mobilisierungsstil angesetzt. Zur dritten Gruppe zählt die Arbeiterschaft, bis hin zu Gewerkschaftsmitgliedern. Die vierte Gruppe ist eine, die einem besonders Sorgen machen muss, die rohe Bürgerlichkeit. Hinter einer glatten bürgerlichen Fassade verbirgt sich ein Jargon der Verachtung. Diese rohe Bürgerlichkeit ist in der Mitte der Gesellschaft angesiedelt und ist in Westdeutschland noch nicht als Potenzial ausgeschöpft. Bei diesen vier Gruppen erfahren die etablierten Parteien nicht ausreichend Resonanz, weil diese Gruppen den Eindruck haben, dass sie nicht hinreichend wahrgenommen werden. Wer nicht wahrgenommen wird, ist ein Nichts.
Bleiben wir bei der ersten Gruppe, die Ostdeutschland betrifft. Sie benennen die Wende als Grund, aber auch eine autoritäre Sozialisierung. Ist die Wende hier aber, alleine mit Blick auf das Treuhand-Trauma, nicht der zentrale Punkt?
Ja, hinter den Kontrollverlusten stecken auch sozio-ökonomische Gründe. Hier spielt Statusabstieg eine große Rolle. Der Punkt ist, dass die Identitätsfrage, also das Deutschsein, dadurch bedeutend wird. Es kann in der Lebensbiografie alles verloren gehen, der Job, die Familie, aber eins kann einem nicht genommen werden: das Deutschsein. Hier setzt die AfD mit ihrer rabiaten Identitätspolitik an. Ein weiterer Grund, warum sie in Ostdeutschland erfolgreich ist, ist aber auch die sozialgeografische Struktur mit Kleinstädten und Dörfern. Das wird in der Debatte noch unterschätzt. Die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist dort aufgrund der sozial-kulturellen Homogenität höher, als in großen Städten, die heterogen sind.
Die Partei schafft es also, die soziale Frage an das Völkisch-Identitäre zu knüpfen.
Ja, das ist ein wichtiger Punkt. Es gibt einen ziemlich deutlichen Zusammenhang, dass dieser Mobilisierungsstil damit arbeitet, die soziale Frage zu emotionalisieren, statt rationale Strategien zu präsentieren. Dann ist schnell die Rede vom Untergang des deutschen Volkes, wie Herr Höcke sagt, oder auch Begriffe wie „Umvolkung“ oder „Bevölkerungsaustausch“ werden auf die Agenda gehoben. Somit werden Identitätsfragen in den Vordergrund gestellt.
Ist es immer noch zutreffend zu sagen, dass ein Teil der AfD-Wählerinnen und Wähler Protest artikulieren? Immerhin geben laut Infratest dimap 76 Prozent der Befragten an, die Partei aus Enttäuschung zu wählen und nicht aus Überzeugung.
Der Begriff „Protestwähler“ ist seit der Gründung der AfD eine ständige politische Beruhigungsformel, nichts anderes. Diese Beruhigungsstrategie, nach dem Motto: „Wenn wir einfach die Sprache der AfD übernehmen und die Renten ein wenig erhöhen, wird sich alles legen“, die von Anfang an verfolgt wird, halte ich nicht für stichhaltig. Dass die Menschen aus Enttäuschung gegenüber anderen politischen Parteien die AfD wählen, muss nicht unbedingt Protest heißen. Vielmehr läuft da ein Normalisierungsprozess. Den Leuten wird signalisiert, dass inzwischen jede Stimme für die AfD keine verlorene Stimme mehr ist.
Aber soll der Begriff der Protestwahl nicht eher darauf aufmerksam machen, dass die etablierten Parteien mangelhafte Arbeit leisten?
Das sollte unbestritten sein. Aber diese Beruhigungsformel, dieser Begriff, stammt aus den etablierten Parteien, in der Hoffnung, die Wähler würden schon zurückkommen. Nur passiert das nicht. Man muss endlich mal erkennen, dass die Einstufung der AfD als rechtsextremistische Partei nicht mehr abschreckt und gleichzeitig der „Autoritäre Nationalradikalismus“ mit dem Versprechen der Wiederherstellung von Kontrolle attraktiv ist.
Also wäre es auch nicht verkürzt zu sagen, dass sich die anderen Parteien auf dem Irrglauben ausgeruht haben, ihre Wähler und Wählerinnen würden schon wieder zurückkehren? Das wäre ja arrogant von der Politik.
Die Parteien haben sich natürlich ausgeruht. Zum Teil hat es in der Vergangenheit ja den Eindruck gehabt, dass sich die AfD von innen zerlegt. Das ist aber vorbei und dadurch gewinnt die Partei an Zuspruch. Obwohl sie ja in keiner Weise inhaltliche Lösungskompetenz nachgewiesen hat.
Opposition und Regierung werfen sich gegenseitig vor, Schuld am AfD-Zulauf zu haben.
Das sind sehr oberflächliche und hilflose Schuldverschiebungen in beide Richtungen. Aber die Positionierung der CDU hat einen Anteil. Die berühmte Brandmauer gegen rechts bröckelt von unten, also kommunal. Das sieht man auf Landesebene, wenn in der CDU Stimmen aufkommen, dass man das Soziale mit dem Nationalen versöhnen sollte. Hinzu kommen auch die zahlreichen Übereinstimmungen der CDU in Sachsen mit AfD-Positionen zu Russland. Das ist sehr viel schwerwiegender, als die Auseinandersetzung innerhalb der Ampel-Regierung, wobei dieses autoritäre Durchsetzen-Wollen des Heizungsgesetzes zum Beispiel schon seinen Beitrag geleistet haben kann.
Die Merz-CDU fährt einen konservativeren Kurs als die Merkel-CDU. Die These ist, dass die Partei der AfD mit einem Rechtsruck Stimmen abnehmen möchte. Geht diese Strategie wirklich auf?
Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Merz hat ja seine Uraltformel, dass er die AfD-Stimmen halbieren möchte, nicht mehr ausgesprochen. Die AfD hat inzwischen eine stabile Wählerschaft und ist keine Eintagsfliege.
Nun sind die Konservativen das eine. Welche Rolle am Erfolg der AfD spielt denn eine moralisierende individualistische Identitätspolitik linksliberaler Milieus?
Identitätspolitiken sind immer problematisch. Das gilt teilweise auch links, weil Identitätspolitik immer Grenzen hart macht. Wer gehört dazu, wer nicht? Wer darf was sagen, wer sollte schweigen? Insofern muss man in der Tat dort, wo solche Identitätspolitiken von links aufgebaut werden, kritisch sein.
Sind diese Identitätspolitiken also Teil von Kulturkämpfen, die von Klassenkämpfen ablenken?
Ja. Insofern sind wir da auch in einer gefährlichen Situation, weil Identitätspolitiken hoch emotionalisiert werden. Mit ihrem rabiaten Kommunikations- und Mobilisierungsstil hat die AfD diesen Kampfplatz prominent besetzt. Sie propagieren den Konflikt-Typus des „Entweder-Oder“.
Hat es die gesellschaftliche und vor allem parlamentarische Linke also verlernt, soziale Fragen adäquat zu thematisieren, indem sie sich durch Identitätspolitiken ablenken lässt?
Das kann man mit Sicherheit so sagen und das gilt nicht nur für die Linke. Wir haben es seit den 90er Jahren mit einer Entwicklung zu tun, in der sich ein autoritärer Kapitalismus entwickelt hat, der riesige Kontrollgewinne aufweist, ob nun bei Standortfragen, sozialen Standards oder Wohlfahrtsfragen. Im Gegenzug hat die nationalstaatliche Politik in diesen Feldern riesige Kontrollverluste erlitten. Die Politik verlor also die Kraft oder auch den Willen, die soziale Ungleichheit zu bekämpfen und das wird in der Bevölkerung natürlich wahrgenommen. Dem haben zurückliegende Regierungen und durchaus auch die parlamentarische Linke nichts entgegengesetzt. Schon vor der Gründung der AfD 2013 waren diese Muster vorhanden, die sich in einer „Demokratieentleerung“ gezeigt hat: Der Apparat funktioniert, das Vertrauen erodiert.
Wenn man die AfD erfolgreich bekämpfen möchte, muss man also den Kapitalismus bekämpfen?
Man muss sich selbstverständlich dieser gesellschaftlichen Grundstruktur des Kapitalismus zuwenden. Wenn man die AfD bekämpfen will, müssten beispielsweise auch die Wirtschaftsverbände endlich mal ihre Stimme erheben, aber da existiert ja offensichtlich ein ziemlich kalkulatorisches Verhältnis. Es ist kaum zu fassen, dass sie ihre Stimme nicht erheben.
Aber ist das wirklich kaum zu fassen? Historisch stand die Industrie autoritären, nationalistischen, faschistischen Regimen doch in der Regel nahe.
Genau das ist ja das Problem. Die Wirtschaftseliten bestimmen ja an vielen Stellen die politische Richtung einer Gesellschaft. Es ist völlig unverständlich, dass dort nicht andere Stimmen zu hören sind.
Weil es am Ende für die Wirtschaftseliten keinen großen Unterschied macht, ob die AfD regiert oder eine große Koalition?
Naja, die Wirtschaft kann auf der einen Seite nicht um Fachkräfte werben und der AfD auf der anderen Seite ahnungslos begegnen, die dagegen vorgehen will. Wie soll dieser Widerspruch aufgelöst werden? Oder nehmen Eliten das gar nicht wahr? Das ist entweder Gedankenlosigkeit oder Kalkül.
Warum schaffen es die etablierten Parteien nicht, die soziale Frage adäquat zu beantworten? Sind sie untätig?
Untätig sind sie nicht. Die Frage ist, warum die Bekämpfung der sozialen Ungleichheit sich nicht in den Vordergrund stellt. Das wird wohl daran liegen, dass die großen Versäumnisse der Parteien in der Vergangenheit zum Vorschein kommen würden.
Aber die Linkspartei könnte doch mit einem starken Fokus auf die soziale Frage aus der Krise kommen, statt wie Sahra Wagenknecht am rechten Rand zu fischen.
Die parlamentarische Linke hat den Zeitpunkt verpasst, vor allem jetzt, wo Frau Wagenknechts Links-Konservatismus die Runde macht. Also eine linke Wirtschaftspolitik mit konservativer Gesellschaftspolitik. Wenn so eine Wagenknecht-Partei zustande kommt, könnte das durchaus für AfD-Sympathisanten attraktiv sein.
Aber eine vermeintlich linke AfD kann ja auch nicht die Lösung sein. Welche Akteure müssen jetzt also was tun, um der AfD Luft aus den Segeln zu nehmen?
Ich kann auf jeden Fall sagen, dass der Schrei nach einem Parteienverbot, der an verschiedenen Stellen positioniert wird, nach hinten losgehen würde. Daneben haben wir unterschiedliche Felder. Wie die De-Industrialisierung am Horizont in verschiedenen Landstrichen, die für viele Menschen einen biografischen Umbruch bedeuten könnte. Aber was können wir unternehmen, mit Blick auf die Kulturkämpfe? Dafür habe ich derzeit keine Lösung. Neben dem ökonomischen ist nämlich wichtig, wie man mit der Identitätsfrage umgeht. Mit einer reinen Erhöhung der Renten sind die Anerkennungsverluste vor allem im Osten nicht aufzuheben, das geht sehr viel tiefer.
Wenn die Erhöhung der Renten nicht ausreicht, was dann?
Aus meiner Sicht muss die Politik die Menschen anders wahrnehmen und sicherstellen, dass ihre Stimmen gehört werden. Teile der Bevölkerung lassen es sich nicht mehr bieten, wenn sie sich von demokratischen Parteien nicht wahrgenommen fühlen. Dann suchen sie sich andere Sprachrohre. Da kommt der „Autoritäre Nationalradikalismus“ gerade recht.
„Wir haben es seit den 90er Jahren mit einer Entwicklung zu tun, in der sich ein autoritärer Kapitalismus entwickelt hat, der riesige Kontrollgewinne aufweist, ob nun bei Standortfragen, sozialen Standards oder Wohlfahrtsfragen“
„Identitätspolitiken sind immer problematisch. Das gilt teilweise auch links, weil Identitätspolitik immer Grenzen hart macht. Wer gehört dazu, wer nicht?“
Zur Person
Wilhelm Heitmeyer, 78, war Gründer und von 1996 bis 2013 Direktor des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) der Universität Bielefeld. Aktuell arbeitet er dort noch als Senior-Professor.
Er ist Autor und Herausgeber zahlreicher Publikationen zu Rechtsextremismus, Menschenfeindlichkeit und sozialer Desintegration.
Quellenangabe: FR Deutschland vom 05.07.2023, Seite 22
Mit den Bürgerschaftsbeschlüssen vom 20.3.2023 und vom 27.6.2023 und dem Beschluss des Hauptausschusses vom 10.8.2023 zum Buddenbrookhaus findet die kulturelle Identität der Stadt nach dem 2.Mai 1945 ein Ende.
Lübeck gründete nach der Katastrophe des Bürgerlichen Zeitalters des 19.und 20. Jahrhunderts mit seinen weltweit rund 187 Millionen Toten (Eric Hobsbawm, Das Zeitalter der Extreme, München Wien 1995, S.26) seine geistige Identität maßgeblich auf die Botschaft von Persönlichkeiten wie Hans Blumenberg, Willy Brandt, Arnold Brecht, Edmund Fülscher, Erich Klann, Erika Klann, Minna Klann, Hermann Lange, Julius Leber, Heinrich und Thomas Mann, Erich Mühsam, Eduard Müller, Werner Puchmüller, Johannes Prassek, Gustav Radbruch, Karl Friedrich Stellbrink, Fritz Solmitz.
Das Museumsprojekt Buddenbrookhaus, das die Bürgerschaft 2022 mehrheitlich beschlossen hatte, symbolisierte den zukunftsgerichteten Willen und das Bekenntnis der Stadt zum europäischen geistigen Neubeginn nach den vom Deutschen Reich und seiner Bürgergesellschaft verursachten Menschheitsverbrechen.
Dieses Bekenntnis zu einem Neubeginn war bisher über Partei-, Religions-, Klassen- und Vermögensgrenzen hinweg in Lübeck unstreitig. Kern des Denkens dieser Lübecker Widerständler und Widerständlerinnen war die von Hannah Arendt in ihrem 1951 erschienenen Buch „Die Ursprünge des Totalitarismus“ herausgearbeitete grundlegende Unterscheidung von wahr und falsch:
„Eine Mischung aus Leichtgläubigkeit und Zynismus ist in allen Rängen totalitärer Bewegungen verbreitet, und je höher der Rang, desto mehr wiegt der Zynismus die Leichtgläubigkeit auf“. Das heißt, bei denjenigen, die die Öffentlichkeit täuschen, ist der Zynismus stärker, bei denjenigen, die getäuscht werden, ist es die Leichtgläubigkeit, aber die beiden sind nicht so getrennt, wie es scheinen mag.
Die Unterscheidung zwischen glaubhaft und unglaubwürdig, wahr und falsch ist für Menschen, die empörende und widerlegbare Ideen als Eintrittskarte in eine Gemeinschaft oder eine Identität ansehen, nicht relevant. Ohne das Joch der Wahrhaftigkeit um den Hals können sie Überzeugungen wählen, die ihrem Weltbild schmeicheln oder ihre Aggression rechtfertigen. Ich betrachte dieses Abgleiten in die Fiktion manchmal als eine Art Amoklauf des Libertarismus – früher sagten wir: „Du hast ein Recht auf deine eigene Meinung, aber nicht auf deine eigenen Fakten.“
Wer die Bürgerschaftssitzungen vom 20.3. und 27.6.2023 und die Sitzung des Hauptausschusses vom 10.8.2023 verfolgt hat, bleibt sprachlos zurück. Die Folgen dieser dort offensichtlich gewordenen im falschen Mittelalter steckengebliebenen widerwärtigen und verlogenen Weltsicht der Bürgerschaftsmehrheit für die Identität der Stadt, deren Haushalt, die nationalen und internationalen Nutzer und Nutzerinnen und die Beschäftigten des Museumsprojektes sind heute absehbar: Es ist die Inkaufnahme der Zerstörung der kulturellen Identität des Gemeinwesens Lübeck der Nachkriegszeit.
Das Dilemma der Grünen und die blockierte Republik
von Stefan Grönebaum Die Grünen als die – verhinderte – Reformpartei
„…Auch die Grünen teilten die Auffassung vieler, dass Deutschland „im Ganzen“ eigentlich gut aufgestellt und nur in der Energie- und Klimapolitik noch viel zu tun sei. Die weiter aufklaffende soziale Schere, die Vernachlässigung der Infrastruktur, der Bildung, der Mangel an Zukunftstechnologien – so sie nicht rein grün waren – all das beschwerte die meist jüngeren sozialen Aufsteiger:innen in ihrer städtisch-grünen Blase wenig. Parallel zu deren Aufstieg vollzog sich jener der Realos an der Grünenspitze:
Ob Robert Habeck oder Annalena Baerbock oder in der Landesliga Tarek Al Wazir und Winfried Kretschmann – sie alle waren eher pragmatisch als links, glaubten an das langsame Hineinwachsen in die Regierungen und teilten die energiepolitische Überzeugung, dass man in dieser fossilen Gesellschaft Gas und Hybride als Übergangstechnologien brauche. Ausgearbeitete Reformkonzepte für alle Sektoren unserer Gesellschaft waren dagegen auch bei den Grünen Mangelware.
Die scheinbar ewige GroKo ersparte es ihnen ja auch, auf Bundesebene durchgerechnete Alternativen vorzulegen, die die Problemgruppen differenziert berücksichtigten. Bereits nach dem Dürresommer 2018 ließ der Hype um die Europawahl 2019 viele Grüne glauben, sie würden mit ihren populären Spitzenkandidaten – angesichts der schwächelnden GroKo – quasi von selbst an die Spitze kommen. Faktisch waren sie jedoch überhaupt nicht vorbereitet auf die Ereignisse, geschweige denn auf eine „Machtübernahme“.
Das zeigte schon der Wahlkampf 2021: Erst stritten sich die Grünen um die Poleposition. Als diese dann im Frühjahr durch Baerbock für Baerbock entschieden war, erwies diese sich als praktisch und konzeptionell derart unvorbereitet, dass die Kanzlerkandidatur schon kurz danach „gelaufen“ war. Als im Juli die Ahrtalflut kam, setzten die Grünen nicht nach, präsentierten keine Klimasofortprogramme – die es nicht gab –, sondern hielten still, weil sie wohl zu Recht dachten, dass die wenig reformbereiten Wählerinnen und Wähler gerade nach dieser Katastrophe nicht überfordert werden dürften.
Die Lücke zwischen gelähmten Grünen und einem denkbar schwachen Unionskandidaten nutzte Olaf Scholz nach dem Motto „Wenn zwei schwach sind, siegt am Ende der am wenigsten Schwache“. Und die erschöpften Grünen, die erst ganz am Ende des Wahlkampfs voller Angst plötzlich wieder die Klimakarte zogen, behielten nur knapp die Nase vorn vor einer FDP, die alte Besitzstandswahrer sowie junge Gegner von Regulierungen wie Tempolimit hinter sich versammelte.
Schon damals galt, was Springer-Chef Döpfner der „Bild“ ins Stammbuch schrieb: Wenn schon die Ampel drohte, sollte wenigstens die FDP gestärkt werden, um rot-grüne Inhalte zu verhindern, damit diese später mit „Jamaika“ endgültig erledigt werden könnten. Genau diese Agenda läuft jetzt en gros, mit freundlicher Assistenz der SPD, die ihre Klimakanzler-Plakate schnell wieder eingerollt hatte.
Von Beginn an zeigten sich die inhaltlich verkehrten Rollen der angeblichen Reformkoalition: Die vieles blockierende FDP galt als Gewinner des Koalitionsvertrags, die reformwilligen Grünen als Verlierer. Und die strukturkonservative SPD stellte sich alsbald auf die Seite der FDP. Für einen breit gefächerten Reformdiskurs eine denkbar ungünstige Voraussetzung. Zudem ergaben sich die Grünen willig dem progressiven Gesäusel der FDP – anstatt die Bürger oder wenigstens ihre Klientel der Umwelt- und Klimaschützer auf unvermeidliche Verteilungskonflikte einzustimmen, die bei ernsthafter Klimapolitik unweigerlich anstehen.
Als sie öffentlich bei den „Verbrennern“ und deren fossiler Lobby auf Granit bissen, ließen sich die Grünen darauf ein, die Klimasektorziele aufzuweichen und die FDP damit aus ihrer Verantwortung für die CO2-Emissionen zu entlassen. Ohne Not opferten sie damit ihr Alleinstellungsmerkmal und erlaubten es so der Union, heuchlerisch als die Partei wahren Klimaschutzes aufzutreten. Hier zeigt sich: Letztlich fehlt es den Grünen an Konzepten, wie man auf eine derart brutale Verhinderungskampagne der fossilen Lobbys und reaktionären Kräfte antwortet. Sie suchten zu sehr die Nähe der Wirtschaft, um – was nötig gewesen wäre – zwischen Freunden und Gegnern eines Green Deal zu differenzieren. Denn spätestens seit den erhöhten Energiepreisen ist die Begeisterung vieler angeblich so progressiver Manager für grüne Klimapolitik verflogen.
Nun wäre es eigentlich aufzuzeigen gewesen, dass nur grüne Technologien der Wirtschaft ihre langfristige Wettbewerbsfähigkeit sichern können. Stattdessen musste der grüne Wirtschaftsminister mit Beginn des russischen Angriffskrieges die jahrzehntelangen Versäumnisse seiner Vorgänger ausbügeln, um die deutsche Energieversorgung zu sichern, dafür antichambrierte er im Wechsel zwischen Ölscheichs und Gaslieferanten.
Dabei hätte er die argumentative Kraft und Zeit auch dafür aufwenden müssen, die anstehende große Energiewende zu erklären. Stattdessen kamen noch handwerkliche Fehler dazu, die auch damit zu tun haben, dass die soziale Flankierung grüner Klimapolitik nie das Herzensprojekt der ökologischen Agenda-Strategen war. Auch deshalb haben die Grünen bis heute keine Antwort auf ihre Schwäche in ländlichen Räumen – da sie nicht den Mut aufbringen, dem Finanzminister die erforderlichen Milliarden für Programme abzufordern, die die Kluft zwischen Land und Stadt verringern könnten.
Last but not least rächt es sich für die Grünen, dass die erneuerbaren Energien lange eine Nischentechnologie geblieben sind, die nur durch Subventionen gepusht wurden und um die sich ein kleines Expertennetzwerk gebildet hat, das lange unter Luftabschluss gedieh. Wer sich genau anschaut, wie ein Patrick Graichen als Referent von Rainer Baake – und der wiederum als Diener Jürgen Trittins – groß geworden ist, der erkennt, wie schmal auch bei den Grünen der Grat zwischen produktivem Netzwerken und familiär-freundschaftlichem Lobbyfilz inzwischen ist.
Es gilt, die unvermeidlichen Verteilungskämpfe auch auszutragen
Dies führt zum letzten und gravierendsten Problem. Dass die Grünen irgendwann mit ihren Plänen für den beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren mit den Natur- und Umweltschützern aneinandergeraten mussten, war eigentlich klar. Doch die Grünen haben durch ihre real-pragmatische Brille nicht gesehen, dass sie neben bürgerlichen Wechselwählern auch ihre ureigene Klientel bedienen müssen. Heute, da die Wechselwähler massenhaft von der Fahne gehen, sind viele Umweltschützer – zu Recht – enttäuscht.
Das ist das Dilemma der Grünen: Sie sind inzwischen bis zur Handlungsunfähigkeit eingeklemmt – zwischen den „Partnern“ SPD und FDP, die mit echter Klimapolitik nie viel am Hut hatten, einer Opposition aus Union, AfD und „Bild“, die immer neue Wutwellen gegen die Grünen rollen lässt, und ihrer Kernklientel, die sich von den Grünen verraten und verkauft fühlt. Dabei haben sie selbst kein Konzept, wie dieser Zwickmühle zu entkommen wäre, und können im laufenden Geschäftsgang nur verlieren.
Deshalb sehen heute viele Experten die Grünen als politisch verbrannt an. Damit aber, so die fatale Folge, fallen auch die Aktien für eine echte Energiewende. Deutschland und sein politisches System scheinen in einer Politikfalle zu stecken: nicht, weil man wie in Frankreich zu sehr auf den Staat setzt, sondern weil man den Staat erst hat ausbluten lassen und ihm nun nicht mehr zutraut, Auswege aus der historischen Krise zu finden.
Die Grünen sind damit in ihrer derzeitigen desolaten Lage nur der Ausdruck einer Gesellschaft, die sich in ihren ökonomischen und politischen Strukturen heillos verhakt hat. Der Missmut bei den sogenannten kleinen Leuten, die nun für die Folgeschäden und -kosten der jahrzehntelangen Versäumnisse aufkommen sollen, ist vorprogrammiert – und damit wohl auch das Scheitern der politischen Eliten wie der weitere Aufstieg der Populisten.
Sollte die Ampelregierung daher doch noch einen zweiten Anlauf nehmen (wollen), braucht es dafür endlich glaubhafte Reformer, die radikale, aber realistische, das heißt umsetzbare, und wenigstens halbwegs gerechte und nachhaltige Reformkonzepte entschlossen vertreten.
Die Unionsposition, man könne mit Belastungen noch ein paar Jahre warten, ist hingegen schlichter Unfug – ökologisch wie ökonomisch. Die deutsche Wirtschaft hat schon einmal enorm an Wettbewerbsfähigkeit verloren, weil sie ihre Vorreiterposition bei der Energiewende – dank Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) – in den Merkel-Scholz-Jahren gegen billiges Gas aus Russland verschleuderte. Zehntausende modernster Jobs wanderten deshalb nach Asien und die USA ab. Seither hat sich die ökologische Situation um ein Vielfaches verschärft. Unsere Lage gebietet daher rasches Handeln. Ansonsten ist die – wohl leider realistischere – Alternative eine auf Jahre gesellschaftlich und politisch blockierte Republik.“
Acht Jahre lang (1921 bis 1928) waren Julius Leber und Johann Neumann die Gegenpole in der Lübecker Politik und der öffentlichen Meinung. Am 1. Januar 1921 wurde Johann Neumann Regierender Bürgermeister in Lübeck. Er hatte nicht nur in der Stadt, sondern reichsweit eine hervorgehobene Position. Er war der erste völkische Regierungschef eines Bundesstaates und gehörte mit folgenden 17 Merkmalen zum Führungskader des Alldeutschen Verbandes (AV) und der Völkischen in der Weimarer Republik (vgl. dazu auch https://michaelbouteiller.de/wp-content/uploads/2022/10/Zweimal-Luebeck-221011.pdf).
1. Mitglied der Hauptleitung und des Gesamtvorstandes des AV.
2. Vorsitzender des Ortsverbandes Lübeck des AV.
3. 1912 Schriftführer des von Possehl in Berlin gegründeten Wehrvereins in Lübeck.
4. Er unterstützte den „Wirtschaftlichen Generalstab“ (1914) im Sinne Possehls, eine weitsichtige Vorwegnahme des „Militärisch-Industriellen-Komplexes“ im Sinne Dwight D. Eisenhowers Abschiedsrede von 1961.
5. 1914 beschloss Neumann als Vorstandsmitglied die annexionistischen und rassistischen Kriegszielsvorlage des AV-Vorsitzenden Justizrat Claß.
6. 1914 ff. organisierte er mit Justizrat Claß die reichsweite Zusammenführung der Wirt-schaftsverbände im Deutschen Kaiserreich zur Unterstützung der Kriegszielpolitik des AV, im Sinne des „Wirtschaftlichen Generalstabes“ des AV-Gründungsmitgliedes Emil Possehl.
7. Er war Vorsitzender des Verwaltungsrates des Scherl-Verlages, ideologischer Kern im völkischen Medienimperium von Hugenberg, samt Gründung einer Niederlassung der Allgemeinen Anzeigen GmbH Hugenbergs in Lübeck.
8. 1916 spendete er 50.000 Mark für den Erwerb der rassistischen „Deutschen Zeitung“, dem Propagandaorgan des ADV, zusammen mit Senator Possehl, der ebenfalls 50.000 Mark einbrachte.
Er ist Mitgründer der »„Neudeutschen Verlags- und Treuhand-Gesellschaft m.b.H“ mit einem (vorläufigen) Kapital von 2 Millionen DM. Vorstand ist der kaiserliche Geheime Regierungsrat Georg Fritz in Berlin. Gründer sind unter anderem Rechtsanwalt, Heinrich Claus (Mainz), der erste Vorsitzende des altdeutschen Verbandes, Landgerichts, Direktor, Karl Lohmann (Blankenese), Doktor Otto, Helmut Hopfen (Starnberg), Senator Johann Neumann (Lübeck), Oberlandesgerichtssenatspräsident Theodor Thomsen (Charlottenburg). Wie es heißt sollen bereits die großen Berliner neueste Nachrichten und deutsche Zeitung von der Gesellschaft erworben worden seien, oder die Gesellschaft soll sich durch finanzielle Unterstützung einen Einfluss auf diese Blätter gesichert haben« (in Badische Landesbibliothek, Bauländer Bote und Boxberger Anzeiger vom 17.2.1917, https://digital.blb-karlsruhe.de/blbz/periodical/pageview/6539890)
9. Er war Organisator des völkischen „Deutschen Abends“ in Lübeck, einer Querschnittsorganisation der Völkischen Vereine unf Verbände in den AV-Gauen, mit starkem Einfluss auf die Politik der ev.-lutherischen Kirche.
10. 1917 benannte ihn der AV-Vorsitzende Claß bei einem Besuch im Hauptquartier gegenüber General Ludendorff für ein „Kabinett in Feldgrau“, eine Vorbereitungshandlung zum Putsch.
11. Von 1917-1918 war er „Zivilgouverneur“ in Riga, einer gegen den Frieden von Brest-Litowsk gerichteten Annexionsregierung im vom Deutschen Reich besetzten Lettland zur Vorbereitung einer dauerhaften deutsch-völkischen Siedlungspolitik.
12. Am 1.Januar 1921 wurde er der erste völkische Regierende Bürgermeister eines Bundesstaates der Weimarer Republik.
13. 1924 ehrte er durch seine Anwesenheit bei einer Gedenkfeier im Lübecker Dom Albert Leo Schlageter (Max Knie, S.40, https://michaelbouteiller.de/max-knie-15-jahre-luebecker-zeitgeschichte/) Schlageter war das Symbol der Republikfeinde für den völkischen Widerstand gegen die Republik. Schlageter war Soldat im Ersten Weltkrieg und Angehöriger verschiedener Freikorps. Schlageter war Mitglied der NSDAP-Tarnorganisation Großdeutsche Arbeiterpartei. Er wurde wegen Spionage und mehrerer Sprengstoffanschläge im besetzten Ruhrgebiet von einem französischen Militärgericht zum Tode verurteilt und hingerichtet.
Das öffentliche Auftreten Neumanns für Schlageter war ein deutlicher Kotau des Bürgermeisters vor den Feinden der Republik und ein Affront des Senatspräsidenten gegen seine SPD-Kollegen im Senat und den Mehrheitsfraktionen in der Bürgerschaft. Sein Stellvertreter und AV-Mitglied, Senator Dr.Vermehren, war ebenfalls zugegen. Die Bürgerschaft hatte zuvor die Errichtung eines Denkmals abgelehnt. Ein Findling wurde stattdessen von den Völkischen im Garten des Hindenburghauses (Abgerissen für Bau des Landgerichtes) als Denkmal zelebriert.
14. Im Mai 1926, beim Putschversuch der Alldeutschen, wurde er als Diktator benannt.
15. Ebenfalls 1926 verfälschte er das historische Lübeck-Bild. Er drehte es im Sinne seiner alldeutschen Ideologie um. Aus Anlass der 700-Jahrfeier der Reichsfreiheit erfindet er Lübeck neu. Die Freiheitsurkunde sei, so behauptet er, mir nichts, dir nichts von Friedrich II. wegen des heldenhaften Befreiungskampfes der Deutschen gegen die dänische Besetzung Lübecks verliehen worden.
Die reichsfreie Stadt sieht der Alldeutsche als das völkische Symbol für eine zukünftig erfolgreiche Weltmacht-Politik des Deutschen Reiches, auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Der geeinte germanische Widerstand der Stadt Heinrichs des Löwen habe damals die Reichsfeinde besiegt. In diesem Sinne organisierte er auch 1925/26 die Ausrichtung der Reichsfreiheitsfeier. Das alles war Bullshit.
Denn weder war Heinrich der Löwe der erste Gründer Lübecks, noch war Anlass der Verleihung des Freiheitsbriefes durch den Kaiser der Sieg über die Dänen. Der erste Gründer der Stadt hieß Adolf von Schauenburg, der auch im Rathaus, in der Ausschmückung mit den Wandgemälden des Berliner Malers Max Koch von 1892-94 unterschlagen wird.
Die siegreiche Schlacht von Bornhöved gegen die Dänen schließlich fand 1227 statt, also ein Jahr nach der Verleihung der Urkunde durch den Kaiser im Jahre 1226. Für Neumann war Lübeck fälschlicherweise „civitas imperii“, der Brückenkopf zur Ostkolonisation. Diese Ostkolonisation sei im Interesse, aber ohne Zutun des Reiches, seinerzeit von den „weit blickenden Kaufmannsgeschlechtern“ der Hansestadt betrieben worden.
„So spiegelt sich in Lübeck deutscher Unternehmergeist, deutsches Wissen, deutsches Können und deutscher Lebenswille während des ganzen Mittelalters wider!“
16. Im Herbst 1926, also unmittelbar nach seinem Sturz, veranlasste er die Parteigründung des völkischen Hanseatischen Volksbundes. Er blieb aber parteilos.
17. 1933 benannte die NSDAP zu seinen Ehren die ihnen verhasste Rathenaustraße am Stadtpark in Bürgermeister-Neumann-Straße um, nach ihrem 1928 verstorbenen Beschützer. Die Umbenennung wurde 1947 revidiert.
How the Corporate Takeover of American Politics Began
Die Übernahme der amerikanischen Politik durch die Unternehmen begann mit einem Mann und einem Memo, von dem Sie wahrscheinlich noch nie gehört haben.
Im Jahr 1971 bat die US-Handelskammer Lewis Powell, einen Unternehmensanwalt, der später Richter am Obersten Gerichtshof werden sollte, ein Memo über die Lage des Landes zu verfassen. Powell behauptete in seinem Memo, dass das amerikanische Wirtschaftssystem von Verbraucher-, Arbeitnehmer- und Umweltgruppen „auf breiter Front angegriffen“ werde.
In Wirklichkeit ging es diesen Gruppen um nichts anderes als um die Durchsetzung des impliziten Gesellschaftsvertrags, der am Ende des Zweiten Weltkriegs entstanden war. Sie wollten sicherstellen, dass die Unternehmen allen Interessengruppen – Arbeitnehmern, Verbrauchern und der Umwelt – gerecht werden und nicht nur ihren Aktionären.
Doch Powell und die Handelskammer sahen das anders. In seinem Memo forderte Powell die Unternehmen auf, sich für den politischen Kampf zu mobilisieren, und betonte, dass gemeinsame Organisierung und Finanzierung die entscheidenden Zutaten für den Erfolg seien. Die Kammer verteilte das Memo an führende CEOs, Großunternehmen und Handelsverbände – in der Hoffnung, sie davon zu überzeugen, dass Big Business die amerikanische Politik in einer Weise dominieren könnte, wie es seit dem Goldenen Zeitalter nicht mehr der Fall war. Es hat funktioniert.
Der Aufruf der Kammer zu einem Kreuzzug der Wirtschaft ließ praktisch über Nacht eine neue unternehmenspolitische Industrie entstehen. Zehntausende von Unternehmenslobbyisten und Politikern strömten nach Washington und in die Hauptstädte der Bundesstaaten im ganzen Land. Ich muss es wissen – ich habe es mit eigenen Augen gesehen. Im Jahr 1976 arbeitete ich bei der Federal Trade Commission. Jimmy Carter hatte Verbraucherschützer ernannt, um gegen große Unternehmen vorzugehen, die jahrelang die Verbraucher getäuscht oder geschädigt hatten.
Doch fast alles, was wir bei der FTC in Angriff nahmen, stieß auf unerwartet heftigen politischen Widerstand im Kongress. Als wir damit begannen, die an Kinder gerichtete Werbung zu untersuchen, stellte der Kongress die Finanzierung der Behörde ein und legte sie für Wochen lahm. Ich war fassungslos. Was war geschehen? In drei Worten: Das Powell-Memo.
Lobbyisten und ihre Verbündeten im Kongress und schließlich die Reagan-Regierung arbeiteten daran, Agenturen wie die FTC zu entmachten – und sie mit Beamten zu besetzen, die das Fehlverhalten von Unternehmen übersehen würden.
Ihr Einfluss führte dazu, dass die FTC u. a. die Kartellgesetze nicht mehr ernsthaft durchsetzte, so dass riesige Konzerne fusionieren und ihre Macht noch weiter konzentrieren konnten. Washington verwandelte sich von einer verschlafenen Regierungsstadt in ein glitzerndes Zentrum der amerikanischen Wirtschaft – mit eleganten Bürogebäuden, schicken Restaurants und Fünf-Sterne-Hotels. In der Zwischenzeit nutzte Richter Lewis Powell den Gerichtshof, um Einschränkungen der Macht von Unternehmen in der Politik zu beseitigen. Seine Stellungnahmen in den 1970er und 80er Jahren legten den Grundstein dafür, dass Unternehmen das Recht auf freie Meinungsäußerung in Form von finanziellen Beiträgen zu politischen Kampagnen einfordern können.
Anders ausgedrückt: Ohne Lewis Powell gäbe es wahrscheinlich kein Urteil in der Rechtssache Citizens United, in der die Beschränkung der Wahlkampfausgaben von Unternehmen als Verstoß gegen die Redefreiheit“ von Unternehmen aufgehoben wurde.
Diese Klagen haben unser politisches System verändert. Mit dem Geld der Unternehmen werden ganze Heerscharen von Anwälten finanziert, die oft alle Staats- oder Bundesanwälte, die es wagen, sich ihnen in den Weg zu stellen, übertrumpfen. Der Lobbyismus ist zu einer 3,7 Milliarden Dollar schweren Industrie geworden.
Unternehmen geben in Wahljahren regelmäßig mehr Geld aus als Gewerkschaften und öffentliche Interessengruppen. Und zu viele Politiker in Washington vertreten die Interessen der Konzerne – und nicht die ihrer Wähler. Infolgedessen wurden die Unternehmenssteuern gesenkt, Schlupflöcher vergrößert und Vorschriften abgebaut.
Die Unternehmenskonsolidierung hat den Unternehmen eine beispiellose Marktmacht verliehen, die es ihnen ermöglicht, die Preise für alles von Babynahrung bis Benzin zu erhöhen. Ihre Gewinne sind in die Stratosphäre gesprungen – so hoch wie seit 70 Jahren nicht mehr. Doch trotz des Erfolgs des Powell-Memos hat das Big Business noch nicht gewonnen. Die Menschen beginnen, sich zu wehren.
Erstens: Das Kartellrecht erlebt ein Comeback. Sowohl bei der Federal Trade Commission als auch beim Justizministerium ist eine neue Bereitschaft zu beobachten, gegen die Macht der Unternehmen vorzugehen.
Zweitens wehren sich die Werktätigen. Überall im Land organisieren sich die Arbeitnehmer so schnell wie seit Jahrzehnten nicht mehr – auch in einigen der größten Unternehmen der Welt – und sie gewinnen. Drittens ist eine Reform der Wahlkampffinanzierung in greifbare Nähe gerückt. Millionen von Amerikanern wollen die Einflussnahme von Unternehmen auf die Politik begrenzen – und die Politiker fangen an, darauf zu hören.
All dies zeigt mir, dass wir jetzt die beste Gelegenheit seit Jahrzehnten haben, die Macht der Konzerne zu bekämpfen – an den Wahlurnen, am Arbeitsplatz und in Washington. Bringen wir es hinter uns.
• Weil nach den Umfragen Die Grünen keine Chance auf die relative Mehrheit haben.
• Weil der Abschied von der Agenda 2010 im Rot/Grünen Bündnis von 1998-2005 endlich der Vergangenheit angehören muss mitsamt Neoliberalismus in Wirtschaft, Finanzen, im Sozialen und in der Kultur.
• Weil der Einfluss dieser Ideen Fischers/Schröders und ihrer Entourage durch eine neue Generation von Politiker:innen als Irrtum erkannt werden muss – wenn sich für diesen Fehltritt wohl auch niemand der Alten entschuldigen wird.
• Weil diese 20jährige Altlast nur durch eine gemeinsame große Anstrengung von Grün/Rot, die sie verursachte, und mit neuem Regierungspersonal ausgeräumt werden kann.
• Weil das konservative Bürgertum und ihre Milliardäre des militärisch-industriellen Komplexes im Carbon gebunden sind und mit ihr ihre Frontorganisationen CDU/ CSU/FDP.
• Weil Rot/Grün offenbar mit dem Club of Rome inzwischen erkannt hat, was notwendig ist, um das Überleben des Planeten und unseren Wohlstand zu sichern: Eine radikaleVeränderung der Weltwirtschaft.
1.Radikale Energiewende: Laut Bericht sei es notwendig, dass wie ab dem Jahr 2020 alle zehn Jahre den Ausstoß fossiler Brennstoffe halbieren.
2. Nachhaltige Lebensmittelproduktion: Dies sei dringend nötig, damit 2050 geschätzte zehn Milliarden Menschen ernährt werden könnten.
3. Faire globale Steuersysteme zum Abbau von Ungleichheit: Die reichsten zehn Prozent der Erde dürfen zusammen nicht mehr als 40 Prozent des Weltvermögens besitzen.
4. Neue Wachstumsmodellefür ärmere Länder
5. Hohe Investitionen in Bildung, Geschlechtergerechtigkeit, Gesundheit und Familien
6. Weil nur Rot/Grün den radikalen Antifaschismus versprechen, der die innere und außenpolitische Friedenssicherung garantiert.
Warum ich Tim Klüssendorf wähle:
Weil ich einen verlässlichen Botschafter Lübecks im Bundestag wünsche. Weil die Klammer des Lübecker Bürgermeisters und seines Botschafters in Berlin zur Durchsetzung der Interessen der Europäischen Stadt Lübeck gestärkt werden muss.
Das völkerrechtswidrige Verhalten des Kriegstreibers Deutschland kostete Menschenleben, war ziellos, ergebnislos und durch den tölpelhaften Abzug verbrecherisch. Denn es hinterlässt tote Soldat:innen und geopolitisch den Reichtum Afghanistans an in 20 Jahren herangebildeten Einwohner:innen und wertvollen Rohstoffen der Einflusssphäre Chinas: ein geopolitisches Desaster. Unsere Regierung aus CDU/SPD verweigert nach alledem auch noch das Menschenrecht auf Asyl. Barbarisch!
Das Repräsentantenhaus verabschiedet eine wegweisende Wahlrechtsänderung, die auf staatliche Beschränkungen abzielt
Das Omnibus-Gesetz über Wahlrecht, Ethik und Wahlkampffinanzen würde die von republikanischen Bundesstaaten erlassenen Wahlrechtsbeschränkungen aufheben, doch im Senat steht ein harter Kampf bevor.
„Alles steht auf dem Spiel. Wir müssen dieses Rennen gewinnen, diesen Kampf,“ sagte die Sprecherin Nancy Pelosi, als Demokraten auf den Stufen des Kapitols vor der Abstimmung am Mittwoch eine Kundgebung abhielten.
Die Demokraten im Repräsentantenhaus setzten am Mittwoch gegen den vereinten Widerstand der Republikaner eine weitreichende Erweiterung des Bundeswahlrechts durch und eröffneten damit eine neue Front in einer tobenden nationalen Debatte über Wahlen, die darauf abzielt, den Versuchen der G.O.P. entgegenzuwirken, den Zugang zu den Wahlurnen einzuschränken.
Der Gesetzesentwurf, der mit 220 zu 210 Stimmen, größtenteils entlang der Parteigrenzen, angenommen wurde, würde die bedeutendste Erweiterung des bundesstaatlichen Wahlrechtsschutzes seit den 1960er Jahren darstellen, wenn er Gesetz würde.
Es zielt darauf ab, neue nationale Anforderungen aufzuerlegen, die restriktive staatliche Wählerausweisgesetze abschwächen, eine automatische Wählerregistrierung vorzuschreiben, die Früh- und Briefwahl zu erweitern, es schwieriger zu machen, Wählerlisten zu bereinigen und das Wahlrecht für ehemalige Schwerverbrecher wiederherzustellen – Änderungen, die Studien zufolge die Wahlbeteiligung erhöhen würden, insbesondere bei rassischen Minderheiten.
Die Abstimmung war der jüngste Versuch der Demokraten, republikanische Bestrebungen in den Staatshäusern im ganzen Land zurückzuschlagen, neue Barrieren für die Stimmabgabe zu errichten, die die Macht der Republikanischen Partei inmitten falscher Behauptungen über grassierenden Wahlbetrug festigen würden, die vom ehemaligen Präsidenten Donald J. Trump und vielen seiner Verbündeten im Kongress verkündet wurden.
Aber die Maßnahme, die von Präsident Biden unterstützt wird, scheint für jetzt im Senat zum Scheitern verurteilt zu sein, wo die republikanische Opposition es fast unmöglich machen würde, die 60 Stimmen zu bekommen, die für eine Verabschiedung erforderlich sind.
Die Demokraten haben geschworen, das Gesetz trotzdem zur Abstimmung zu stellen, und die Progressiven haben bereits geplant, die republikanische Obstruktion des Gesetzes zu nutzen, um ihre Argumente für die Abschaffung des legislativen Filibusters in den kommenden Monaten aufzubauen.
„Alles steht auf dem Spiel. Wir müssen dieses Rennen gewinnen, diesen Kampf“, sagte Sprecherin Nancy Pelosi, Demokratin aus Kalifornien, als sich die Demokraten vor der Abstimmung auf den Stufen des Kapitols versammelten. „Zur gleichen Zeit, in der wir uns hier versammeln, um unsere Demokratie zu ehren, werden im ganzen Land über 200 Gesetzesentwürfe zusammengestellt und Bestimmungen vorgelegt, um die Wahl zu unterdrücken.“
Der 791-seitige Gesetzesentwurf, der von den Demokraten als H.R. 1 bezeichnet wurde, um seine Bedeutung für ihre Agenda widerzuspiegeln, würde auch parteiisches Gerrymandering beseitigen, neue Transparenz über dunkles Geld, das zur Finanzierung von Kampagnen verwendet wird, auferlegen, die Ethikstandards der Regierung verschärfen und eine öffentliche Finanzierungsoption für Kongresskampagnen schaffen.
Die Prominenz der Debatte zeigte, wie sehr der Kampf um die Wahlgesetze auf dem Spiel steht, sowohl für die Art und Weise, wie die Amerikaner ihr Wahlrecht ausüben, als auch für die Art und Weise, wie beide Parteien die politische Macht bündeln.
Während der Kongress jahrzehntelang daran gearbeitet hat, den Zugang zu den Wahlurnen zu erweitern, oft mit parteiübergreifender Unterstützung, ist das Thema in den letzten Jahren stark parteiisch geworden, da sich die Demografie und die politischen Koalitionen verschoben haben und die Republikaner zu dem Schluss gekommen sind, dass sie von einer geringeren Wahlbeteiligung profitieren, insbesondere in den Städten.
„Man kann auf der Basis seiner Ideen und der Programme, die man vorlegt, gewinnen, und das ist es, wofür wir uns entschieden haben“, sagte der Repräsentant John Sarbanes, Demokrat aus Maryland und einer der führenden Autoren des Gesetzes. „Oder Sie können versuchen, zu gewinnen, indem Sie die Wahl unterdrücken, unfaire Bezirke im ganzen Land ziehen und großes Geld einsetzen, um Desinformationen zu verbreiten.“
Die Republikaner brachten bemerkenswert ähnliche Argumente vor, versuchten aber, sie gegen die Demokraten zu wenden. Während sie nicht direkt dafür plädierten, die Wahl zu erschweren, sagten sie, dass die Staaten – nicht die Bundesregierung – am besten in der Lage seien, zu bestimmen, wie sie ihre Wahlen mit Integrität durchführen, und dass der Gesetzentwurf zu zügellosem Betrug führen würde, von dem liberale Kandidaten profitieren würden.
Im Moment scheinen die Republikaner die Oberhand zu haben. Staaten unter konservativer Kontrolle haben es in den letzten Jahren geschafft, neue Strengen einzuführen, die Studien zufolge schwarze Wähler und solche, die in städtischen Gebieten leben, unverhältnismäßig stark betreffen. Befürworter argumentieren, dass diese Schritte notwendig sind, um möglichen Wahlbetrug zu bekämpfen. Doch seit der Niederlage Trumps im November haben sich die Bemühungen mancherorts beschleunigt: Die Bundesstaaten versuchen, die Gesetze zur Wähleridentifikation zu verschärfen, die Briefwahl oder die vorzeitige Stimmabgabe zu erschweren und die Rolle, die externe Gruppen bei der Unterstützung der Wähler spielen können, zu begrenzen.
Und am Dienstag, der konservativ-dominierte Oberste Gerichtshof signalisierte, dass er wahrscheinlich zwei restriktive Arizona Wahlmaßnahmen aufrechterhalten und möglicherweise weiter an der Voting Rights Act von 1965 Chip festhält. Ein Urteil des Gerichts aus dem Jahr 2013 hatte wichtige Bestimmungen zur Durchsetzung des Gesetzes gekippt und damit den Weg für den Erfolg vieler republikanisch geführter Bundesstaaten bei der Einführung neuer Regeln geebnet.
Insgesamt haben Gesetzgeber in 43 Bundesstaaten mehr als 250 Gesetzesvorlagen eingebracht, die das Wahlrecht verschärfen würden, so das Brennan Center for Justice an der New York University. Das prominenteste Beispiel ist Georgia, wo die republikanische Führung nach dem unerwarteten Wahlsieg der Demokraten unverdrossen versucht, den Zugang zu den Wahllokalen einzuschränken, indem sie die Briefwahl und die vorzeitige Stimmabgabe an Sonntagen stark einschränkt, wenn viele schwarze Wähler nach dem Gottesdienst ihre Stimme abgeben.
„In der Schlange stehen, um zu wählen, ist keine Wählerunterdrückung“, sagte die Abgeordnete Marjorie Taylor Greene, eine Republikanerin aus dem Bundesstaat, am Mittwoch während der Debatte in Washington. „Es ist einfach ein Teil des Wahlprozesses. Genauso wie die Leute in der Schlange stehen, um Lebensmittel im Supermarkt zu kaufen.“
Die abschließende Prüfung des Wahlgesetzes fand statt, nachdem das Repräsentantenhaus eine andere führende liberale Priorität verabschiedet hatte, ein wichtiges Polizeigesetz zur Bekämpfung von Rassendiskriminierung und übermäßiger Gewaltanwendung bei der Strafverfolgung. Die Gesetzgeber verabschiedeten das Gesetz erstmals im letzten Sommer, um auf eine Welle von Forderungen nach Rassengerechtigkeit nach den Morden an schwarzen Amerikanern im ganzen Land zu reagieren, aber damals wie heute stieß es auf den Widerstand der Republikaner, die bescheidenere Änderungen vorschlugen. Die Abstimmung fiel mit 220 zu 212 Stimmen aus, weitgehend entlang der Parteigrenzen.
Es wird erwartet, dass die Demokraten im Repräsentantenhaus und die Republikaner im Senat mit ihren konkurrierenden Gesetzesentwürfen nächste Woche die Gespräche wieder aufnehmen werden, um die Meinungsverschiedenheiten über die von den Demokraten vorgeschlagenen Einschränkungen bei der Anwendung tödlicher Gewalt und über Änderungen, die die Verfolgung von Polizeibeamten bei Fehlverhalten erleichtern sollen, zu klären. Aber es gab wenig Optimismus für einen sofortigen Durchbruch.
Die Abstimmungsbestimmungen von HR 1 wurden ursprünglich von dem im letzten Jahr verstorbenen Abgeordneten John Lewis, einem Demokraten aus Georgia und Ikone der Bürgerrechte, entworfen.
Sollte der Gesetzentwurf Gesetz werden, müssten die Bundesstaaten automatisch die Wahlberechtigten registrieren, mindestens 15 aufeinanderfolgende Tage für die vorzeitige Stimmabgabe bei den Bundeswahlen vorsehen und Briefwahlstellen einrichten, wie sie Trump fälschlicherweise als Grund für Wahlbetrug nennt. Es würde es viel einfacher machen, per Post zu wählen und viel schwieriger, Wähler aus den Listen zu streichen.
Die Gesetzgebung zielt auch auf die parteiische Aufteilung der Sitze im Repräsentantenhaus ab und verlangt von den Bundesstaaten, dass sie unabhängige Kommissionen einsetzen, um Bezirke zu ziehen, die auf unpolitischen Maßstäben basieren und nicht auf solchen, die den Einfluss einer Partei gegenüber einer anderen maximieren. Beide Parteien betreiben Gerrymandering, aber die Praxis hat in den letzten zehn Jahren eher die Republikaner begünstigt. Mit den neuen Wahlbezirken, die in diesem Herbst gezogen werden sollen, werden die Republikaner voraussichtlich noch größere Gewinne erzielen.
Die Demokraten beabsichtigen, in den kommenden Monaten eine gesonderte Abstimmung über ein Gesetz abzuhalten, das die vom Obersten Gerichtshof gekippten Bestimmungen des Voting Rights Act wiederherstellt. Die Herausforderung für die Demokraten besteht darin, einen der Gesetzesentwürfe durch einen 50-50-Senat zu bringen, in dem 10 Republikaner mit Ja stimmen müssten. Unter Herrn Trumps Führung hat die Republikanische Partei eine zunehmend harte Taktik in Bezug auf das Wahlrecht und andere Initiativen zur Überholung der Regierung angenommen, wobei sie sich um seinen politischen Stil des „Winner-take-all“ und die unverhohlenen Lügen schart, auf denen er seinen Versuch gründete, seine Wahlniederlage umzukehren.
„Dieses Monster der demokratischen Regierung muss gestoppt werden,“ sagte Mr. Trump am vergangenen Wochenende auf der Conservative Political Action Conference. „It cannot be allowed to pass.“
Die Demokraten haben es bisher abgelehnt, die Regeln des Senats zu ändern, damit sie Gesetze mit 51 statt 60 Stimmen durchbringen können. Aber die Befürworter der Abschaffung des Filibusters glauben, dass die festgefahrenen Wahlrechtsgesetze sich letztendlich als die überzeugendsten erweisen könnten, um moderate Senatoren zu gewinnen, die zögern, den Schritt zu unterstützen.
„Das Wahlrecht ist die Voraussetzung für alle anderen Rechte, und wir müssen alles tun, um die Stimmen des Volkes in unserer Demokratie zu bewahren“, sagte Senator Raphael Warnock, einer der Demokraten aus Georgia, dessen Sieg die neuen Wahlgesetze des Staates ausgelöst hat. „Ich denke, die Probleme sind dringend genug, um alle Optionen auf den Tisch zu legen.“
Catie Edmondson trug zur Berichterstattung bei.Nicholas Fandos ist Kongresskorrespondent mit Sitz in Washington. Er berichtet seit 2017 über den Capitol Hill und hat dabei zwei Bestätigungsverfahren des Obersten Gerichtshofs, zwei historische Amtsenthebungsverfahren gegen Donald J. Trump und unzählige Gesetzesentwürfe dazwischen begleitet.
Wissen Sie, wer im Moment die richtige Idee hat? Arnold Schwarzenegger. Er hat gerade ein Video veröffentlicht, in dem er die „Unruhen“ im Capitol als „Amerikas Kristallnacht“ bezeichnet.
Es gibt eine gefährliche Strömung in Amerika. Nein, nicht (nur) der gewalttätige faschistische Putsch, bei dem Paramilitärs einen Polizisten mit einem Feuerlöscher im Kapitol zu Tode prügelten.
Eine noch gefährlichere: die Idee, dass die Leute, die diesen Putsch durchgeführt haben, Gnade verdienen.
Lassen Sie mich Ihnen als Überlebender und Wissenschaftler des Autoritarismus versichern. Es gibt nur einen Weg, mit Faschismus, Terrorismus, Autoritarismus, Putschen und dem, was die Amerikaner „Aufruhr“ nennen, umzugehen.
Null Toleranz.
Amerika muss dieser faschistischen Bewegung das Rückgrat brechen, jetzt, mit aller Härte – oder es wird in den kommenden Jahren und Jahrzehnten einen noch viel höheren Preis zahlen. Einen Preis in Form von Gewalt, Wut, Blut und Unruhen. Den höchsten aller Preise. Nein, ich mache keine Witze – und obwohl Sie vielleicht ein Frösteln verspüren, denke ich, dass Sie es auch wissen. Es heißt: Wir oder sie.
Es darf kein Pardon mit Kräften wie den Trumpisten geben. Das hätte es von Anfang an nicht geben dürfen, aber ich schweife ab. Lassen Sie mich erklären, warum, obwohl ich sicher bin, dass Sie es bereits wissen.
Die Trumpisten haben sich als eine neofaschistische Bewegung entpuppt. Eine ernsthafte und reale. Nachdem sie nicht in der Lage waren, ihre Ziele mit einvernehmlichen, friedlichen, demokratischen Mitteln zu erreichen, was taten sie – gleich bei ihrer ersten Niederlage? Sie griffen zur Gewalt. Nicht nur irgendeine Art von Gewalt – sporadisch, unbedeutend, harmlos. Sie stürmten das Kapitol der Nation und vergossen Blut.
Diese Tat hat eine sehr wichtige Bedeutung. Sie sagt etwas aus. Es ist nicht irgendein zufälliger Ausbruch von aufgestauter Wut und Leid, für den wir alle Mitgefühl und Erbarmen haben sollten. Es war nicht der Wutanfall eines Kindes oder der Ausbruch eines verwöhnten Kleinkindes – dies waren erwachsene Menschen. Es war nicht die sinnlose Gewalt eines Verrückten – diese Menschen haben ihren Angriff sorgfältig geplant. Es war nicht der Wutausbruch eines verschmähten Liebhabers – diese Leute wollten zerstören, nicht nur enttäuscht weggehen.
Es war kein Burschenschaftsstreich, keine Form der Schikane, kein legitimer Protest, keine Nacht im Comedy-Club. Es war kein Wutanfall, kein Ausraster, kein Ausbruch. Was war es dann?
Es handelte sich um absichtliche, organisierte Massengewalt, angeführt vom Staatsoberhaupt, mit einem tiefen und bleibenden politischen, sozialen und kulturellen Punkt. Was waren das für Punkte? Lassen Sie uns einen nach dem anderen nehmen.
Der politische Punkt begann mit: „Wenn ihr uns an der Wahlurne besiegt, werden wir euch mit Pistolen, Gewehren und Bomben holen, mitten ins Herz eurer Demokratie.“ Aber das war noch nicht alles. Es hieß auch: „Wir werden die heiligsten und historischsten Symbole eurer Demokratie entweihen. Weil wir nicht an sie glauben. Wir glauben nicht, dass jeder es verdient, an ihnen teilzuhaben. Alle Macht in dieser Gesellschaft gehört entweder uns, oder sie gehört niemandem.“
Mit anderen Worten: Die politische Botschaft dieser Gewalt war, dem Rest des Landes eine Lektion zu erteilen. Wir sind die Mächtigen. Es heißt: Ihr oder wir. Entweder wird die Gesellschaft so sein, wie wir sie haben wollen, oder wir werden nicht zulassen, dass es überhaupt eine Gesellschaft gibt. Dies ist nur die erste von vielen solchen Taten, die noch kommen werden. Entweder wir oder ihr.
Was bedeutet das genau? Es bedeutet das, was Faschismus immer bedeutet. Die Wahl zwischen Faschismus und Zivilisation geht immer so. Unsere Gewalt oder euer Frieden, unsere Brutalität oder euer Anstand, unser Autoritarismus oder eure Demokratie, unser Hass und unsere Herrschaft oder eure konsensuelle, moderne Gesellschaft.
Sie sind diejenigen, die nicht wollen, dass es eine Wahl gibt. Sie sind diejenigen, für die es keinen Kompromiss gibt.
Warum ist das so? Weil ihr Weltbild binär ist. Denken Sie zurück an Nietzsche, den geistigen Paten des Faschismus. Seine Weltanschauung war auch binär. Man war entweder ein Herr oder ein Sklave, war stark oder schwach, ein Übermensch oder ein Untermensch, ein Übermensch oder ein Untermensch. Es gab keine Grauzone – und genau darum geht es in der Demokratie und in der Menschlichkeit: die Schattierungen und Nuancen und Unterschiede zu finden und ihre Subtilität und Nuance und Schönheit zu schätzen.
Diese binäre Weltsicht ist das, was Faschisten seit diesem Tag weitergeführt haben. Ob sie es wissen oder nicht, ist eine andere Frage, aber es ist im Trumpismus vorhanden, und es ist leicht zu sehen. Entweder man ist ein „echter“ Amerikaner oder nicht, entweder man ist „legal“ oder nicht, entweder man ist Papa Trump fetischistisch ergeben, oder man ist ein „Volksfeind“. Entweder verehren oder hassen sie. Sie haben keine Fähigkeit – keine – zum Denken, zur Vernunft, zum Nachdenken, zum Reflektieren. Zu sagen: „Obwohl du anders bist als ich, schätze ich dich gerade deshalb umso mehr.“
Das ist es, was einen Faschisten ausmacht. Oder zumindest eines der wichtigsten Dinge. Die politische Botschaft all dieser Gewalt ist also zu sagen: Es ist unser Weg, oder kein Weg. Entweder wir, oder du. Wenn du nicht einer von uns bist, bist du eigentlich gar kein Mensch – du stehst auf der Seite der Untermenschen, ein „Rassenverräter“ oder Schlimmeres. Faschisten wollen eine zweigeteilte Gesellschaft – einen fanatischen, hasserfüllten Ort, der aus Schwachen und Starken, Menschen und Untermenschen, Reinen und Unreinen besteht, und alles in der Politik, in Institutionen, Behörden, Vereinen, soll diesem Ziel gewidmet werden.
Deshalb kann man mit Faschisten keine Kompromisse eingehen oder gar verhandeln. Sie haben keinen Platz für Kompromisse und Verhandlungen. Sie wollen eine totalitäre Gesellschaft – da ist kein Kompromiss möglich. Sie werden Gewalt anwenden, um sie zu bekommen – kein Kompromiss ist möglich. Was gibt es also zu verhandeln?
Genau genommen nichts. Sicher, sie könnten ein gutes Spiel spielen, indem sie über all das oben Genannte lügen – aber das ist alles, was sie wirklich tun, sie machen einen Narren aus Ihnen auf dem langen Weg.
Man kann mit Faschisten nicht verhandeln oder Kompromisse eingehen, weil so etwas per Definition nicht möglich ist. Und wenn Sie es versuchen, sind Sie am Ende der Narr.
Was passiert, wenn wir doch versuchen, mit Faschisten Kompromisse zu schließen? Das bringt mich zu den sozialen und kulturellen Punkten dieser ganzen Gewalt. Denken Sie daran: Faschisten können keine Kompromisse eingehen, das ist eine Beschränkung ihrer totalitären, bipolaren Weltanschauung. Es heißt: sie oder du.
Wenn du also einen Kompromiss mit ihnen eingehst, gibt es nur ein Ergebnis. Sie denken, du bist schwach. Leichtgläubig. Töricht. Was tun sie, wenn sie wissen, dass Sie sie nicht bestrafen werden? Sie eskalieren.
Das ist das Muster der Geschichte. Wie konnten die Nazis die Kontrolle über Deutschland erlangen? Nun, niemand bestrafte sie, als sie Leute auf der Straße verprügelten, Juden hassten oder in Bierhallen putschten. Man wollte versuchen, einen Kompromiss mit ihnen zu schließen. Später machte ein Großteil Europas, vor allem Frankreich, denselben Fehler, und zwar immer wieder aufs Neue. Und dieser Fehler wurde von einer Gesellschaft nach der anderen begangen. Wie ist die muslimische Welt gefallen? Sie versuchte, einen Kompromiss mit ihren eigenen Faschisten zu schließen. Die Geschichte ist immer die gleiche.
Der Kompromiss mit den Faschisten zersetzt also die sozialen Normen einer gesunden, zivilisierten Demokratie. Statt den Faschismus frontal zu konfrontieren, schafft er Normen der Unterwerfung, der Verleugnung und der Komplizenschaft. Kleine Taten der Komplizenschaft werden in Ordnung – sie sind einfach das, was wir tun müssen, um zu „heilen“, um zurechtzukommen oder um zu vergessen.
Währenddessen eskalieren die Faschisten immer weiter und lachen über die Schwäche solcher Menschen. Wo haben wir dieses Muster gesehen? In Amerika von 2016 bis 2020. Erinnern Sie sich, wie Trump von Intellektuellen und vielen Politikern mit Gelächter behandelt wurde? Wie Pundits und Kolumnisten sich weigerten, die Idee ernst zu nehmen, dass er im Begriff war, einen faschistischen Zusammenbruch anzuführen?
Ich schon, denn sie haben mich bösartig angegriffen, weil ich davor gewarnt habe: Ich führe das als Beispiel an. Amerika selbst ist eine Fallstudie dafür, wie der Versuch, mit Faschisten Kompromisse zu schließen, gesunde demokratische Normen zersetzt.
Was taten Trump und seine Herde als Reaktion darauf, dass Amerika ständig versuchte, mit ihnen einen Kompromiss zu schließen – die Experten in der Verleugnung, die Opposition machte sich mitschuldig, die Mehrheit blieb schweigend?
Sie eskalierten. Sie eskalierten von rhetorischem Hass bis zu Konzentrationslagern, zu Kindern in Käfigen, zu gehassten Minderheiten, die auf der Straße gejagt werden, zu Gestapos, die diejenigen verprügeln und verschwinden lassen, die schließlich gegen all das protestieren. Kompromiss züchtet Eskalation. Das ist, wie Amerika zu einem faschistischen Putsch kam: fünf solide Jahre dauerte der Kompromiss mit Faschisten, bis die Faschisten zu dem Punkt eskalierten, gewaltsam das Kapitol zu stürmen. Es werden Selfies genommen, weil sie dachten, sie kämen damit durch.
Es gibt also auch eine soziale Botschaft dieser ganzen Gewalt. Sie ist versteckt – vielleicht kaum versteckt – aber ich habe das Gefühl, dass viele Amerikaner sie immer noch übersehen. Es ist dies. „Wir können so etwas Schreckliches tun und meistens damit davonkommen. So sehr können wir unsere Normen und Werte zersetzen.
Wir können die allerschlimmsten Dinge tun, die man sich in dieser Gesellschaft vorstellen kann, und erhalten nicht annähernd die Strafe, die wir verdienen. Das ist, wie sehr wir euch geschwächt haben.“ Verstehen Sie die Botschaft? Es ist immer die gleiche: die Botschaft eines Tyrannen, eines Schlägers, eines Mafioso. Es geht darum, Angst einzuflößen. Es geht um Terror.
Die soziale Botschaft all dieser Gewalt ist, zu terrorisieren. „Wir können damit durchkommen“ ist erfolgreicher Terrorismus. Es ist von Natur aus, beängstigend zu denken, dass jemand schreckliche Dinge tun kann und nicht die Strafe bekommt, die er verdient. Welche Strafe ist das übrigens? Nun, es ist das, worauf sich die Gesellschaft bereits geeinigt hat. Ein gewaltsamer Umsturz im Kapitol ist kein Hausfriedensbruch, kein Unfug und auch keine Sachbeschädigung. Es ist Aufruhr und Verrat.
Die soziale Botschaft der Gewalt ist, zu terrorisieren. Es ist zu sagen: „Wir werden damit durchkommen, auf irgendeiner Ebene, und deshalb solltet ihr Angst vor uns haben, vor unserer Macht, denn diejenigen, die damit durchkommen, werden es immer wieder tun und eskalieren.“ Den Terroristen keine Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, bedeutet indes, die Terroristen gewinnen zu lassen.
Diese Lektion geht übrigens in beide Richtungen. Als Amerika arabische Terroristen in Geheimgerichten verurteilte, war das auch nicht wirklich Gerechtigkeit – und so heilte Amerika nie von diesen Wunden. Es wird vielleicht auch nie von diesen Wunden heilen, den Wunden des Putsches, des Aufruhrs und des Verrats, wenn auch für sie nie Gerechtigkeit geschaffen wird.
Das liegt daran, dass Gerechtigkeit die einzige Heilung ist. Ungerechtigkeit ist Verletzung. Ungerechtigkeit gegenüber dem Rest von uns – diese Faschisten werden nur wegen Hausfriedensbruch und Unfug angeklagt, LOL – ist eine Verletzung für uns alle, für unsere Demokratie, für unsere zivilisierten Werte, für unsere Bemühungen zu wählen, für unsere Friedfertigkeit. Das ist kein Scherz. Es ist ein dauerhafter und ernsthafter Schaden. Und diesen Schaden zu „heilen“ geschieht nicht, indem man – wie Biden und Kamala vorzuschlagen scheinen – die Faschisten schont und versucht zu vergessen. Heilung wird nur durch Gerechtigkeit erreicht.
Denken Sie darüber in Ihrem eigenen Leben nach. Wie „geheilt“ fühlen Sie sich von Beziehungen, in denen Sie viktimisiert und missbraucht wurden, ohne dass jemals Gerechtigkeit geübt wurde? Wahrscheinlich nicht viel.
Das ist der kulturelle Sinn dieser ganzen Gewalt. Es geht darum zu sagen: „Wir werden dich nie heilen lassen. Jedes Mal, wenn du Fortschritte machst, werden wir da sein, dir Schaden zufügen, dir schwere Verletzungen zufügen, dir Gewalt antun. Es heißt: wir oder du. Solange wir da sind, werden Sie niemals heilen. Wir werden diese alten Wunden immer wieder aufreißen, und sie werden immer röter bluten.“
Der kulturelle Sinn all dieser Gewalt ist es, die Amerikaner zu Opfern zu machen – und in der Opferrolle zu halten. Damit sie sich fatalistisch, machtlos und hoffnungslos fühlen. Damit sie sich mürrisch damit abfinden, dass es keine Gerechtigkeit gibt. Aber solche Menschen sind es, die die Täter schaffen wollen – Opfer. Menschen, die niemals ein glückliches, zuversichtliches, schönes Gefühl für ihre eigene Macht, Wirksamkeit, Bestimmung, Schicksal, Wahrheit haben.
Der kulturelle Sinn des Putsches besteht darin, den Amerikanern ihre Machtlosigkeit immer wieder unter die Nase zu reiben, damit sie nicht auf Ideen kommen, die sie nach der Wahl vielleicht bekommen haben. Ideen über ihre eigene Macht und Wirksamkeit und die Macht des kollektiven Handelns. Darüber, was die Gesellschaft ist und sein sollte, ein friedlicher und zivilisierter und anständiger Ort. Es geht darum, wieder zu triumphieren, indem man ein neues Beispiel schafft, um die Amerikaner an ihre eigene Machtlosigkeit zu erinnern mit – „sie sind damit durchgekommen! And there was nothing we could do!!!“ – und so wieder den fatalistischen, apathischen, resignierten Amerikaner zu schaffen, an den die Welt so gewöhnt ist.
Deshalb ist es so, so wichtig, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird. Voll und ganz. So wie es sein sollte. Das waren keine Randalierer, das waren Faschisten, und das war kein Aufstand, das war ein Putsch. Und das sollte bestraft und als solches behandelt werden. Aus den drei Gründen, die ich oben skizziert habe. Lassen Sie mich sie wiederholen und vereinfachen.
Erstens: Man kann mit Faschisten keine Kompromisse eingehen, weil sie von vornherein Totalitaristen sind. Sie glauben nur an eine gewalttätige, hasserfüllte, ignorante, binäre Weltsicht, und so ist jeder Kompromiss eine Lüge, ein Trick, eine Strategie, die zum Scheitern verurteilt ist.
Zweitens. Man sollte keine Kompromisse mit Faschisten und Terroristen eingehen, denn das schafft eine Norm mit einem ganz eigenen Namen: Appeasement. Und es gibt keinen Weg in den Ruin, der schneller und sicherer ist als Appeasement – fragen Sie nur die Geschichte oder Amerika 2016-2020, das seinen Weg beschwichtigt hat, einen müden, kapitulierenden Schritt nach dem anderen, von rhetorischem Hass und Sündenböcken zu Konzentrationslagern, zu Kindern in Käfigen, zu Gestapos, die Mütter auf der Straße verprügeln, bis hin zu einem gewaltsamen Putsch im Kapitol. Das ist kein Zufall – es ist der klare Beweis für eine alte, alte Wahrheit. Beschwichtigungen enden immer damit, dass die Faschisten und Terroristen gewinnen.
Drittens. Man gibt den Terroristen keine Gnade, denn wenn man das tut, haben sie Erfolg mit ihrem Terror. Sie haben bewiesen, dass sie damit durchkommen, und das ist beängstigend: Es hat abschreckende Auswirkungen auf die Gesellschaft, es ermutigt sie, es hält ihre Bewegungen am Leben, es lässt sie über den Handschlag lachen, was genau das ist, was dem vernünftigen und nachdenklichen Menschen, der sich ihnen entgegenstellt, Angst macht.
Wenn man Terroristen Gnade und Nachsicht gewährt, haben sie ihre Mission erfüllt, die darin bestand, zu terrorisieren. Sie haben Sie erschreckt, damit Sie sie leichtfertig behandeln, sich ihnen unterwerfen und nachgeben. Warum sonst sollten Sie ihnen gegenüber nachsichtig sein, wenn Sie nicht selbst terrorisiert wurden?
Dieser Moment – genau jetzt – ist ein großer, großer Test für Amerika. Eine Demokratie, die Faschisten und Terroristen toleriert, bleibt nicht oft lange eine. Der Rücken der faschistischen, terroristischen Bewegung, in die sich der Trumpismus jetzt verwandelt – nachdem er daran gescheitert ist, politische Zwecke zu nutzen, um seine Mittel zu erreichen – muss gebrochen werden. Von oben bis unten.
Und zwar sofort. Es darf kein Pardon gegeben und keine Gnade gezeigt werden. Sie sollte so rückgratlos sein wie… die Dems, schwach, kauernd, ängstlich, einen Millimeter aus ihrem Käfig herauszutreten, es sei denn, sie ändert sich und schwört ihrem Weg ab. Und warum? Wissen Sie das nicht?
Vielleicht muss ich Sie noch daran erinnern, was wir Überlebenden des Faschismus sagen. Seit dem Tag, an dem Trump seinen unaufhaltsamen Aufstieg zur Macht begann, sagen wir genau das, wofür uns die Pandits und Kolumnisten und Intellektuellen angegriffen und verspottet haben – und damit ihre eigene Torheit und Hybris bewiesen. Es ist das Allererste, was wir sagen werden, wenn es um die Angelegenheiten der Menschen geht.
Es braucht nur zwei Worte zu sagen, um diese schwerste und grundlegendste aller Lektionen über Faschismus zu lehren, und diese zwei Worte sind der Grund, warum Amerika gerade jetzt eine Null-Toleranz-Politik für seine Faschisten haben sollte. Wie lauten diese zwei Worte?